Zusammenfassung
Am 13. September 1970 veröffentlichte das New York Times Magazine einen Artikel von Milton Friedman, der zu dem Schluss kam, dass „die soziale Verantwortung der Unternehmen darin besteht, ihre Gewinne zu steigern".
Friedmans Brandmarkung der sozialen Verantwortung von Unternehmen und die Berücksichtigung von Stakeholder-Anliegen bei der Entscheidungsfindung von Unternehmenslenkern als „reinen und unverfälschter Sozialismus" fanden mitten im Kalten Krieg fruchtbaren Boden.
Der Artikel machte Friedman zum meistzitierten Autor eines Artikels der New York Times, und der Artikel selbst wurde zu einem der akademisch am meisten zitierten Zeitungsartikel aller Zeiten. Seit Veröffentlichung hat der Artikel Wissenschaftler, Unternehmens- wie Finanzlenker und den politischen Diskurs beeinflusst.
Mit dem Erstarken der Initiativen für verantwortungsbewusstes Investieren und sozialer Unternehmensverantwortung bietet der Artikel anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums die Gelegenheit, über die Debatte zwischen Shareholdern (Aktionären) und Stakeholdern (alle anderen mit berechtigtem Interesse am Unternehmen wie Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten oder die lokalen Gemeinden) in Wissenschaft und Praxis nachzudenken.
Friedman erhielt 1976 den Nobel-Preis für Wirtschaftswissenschaften für seine empirischen Forschungen zu einem breiten Spektrum wichtiger Wirtschaftsfragen. Sein Artikel aus dem Jahr 1970 war jedoch ein politisches Statement. Ein Kritiker kam zu dem Schluss, Friedmans Artikel sei „die dümmste Idee der Welt... Es ist merkwürdig, dass ein Papier, das andere der 'analytischen Lockerheit und mangelnden Strenge' beschuldigt, seine Schlussfolgerung zieht, bevor es die Analyse beginnt". (Denning 2013).
Nach fünfzig Jahren wissenschaftlicher Forschung, Investitions- und Geschäftserfahrung kommen wir zu dem Schluss, dass Friedman falsch lag. Friedmans Meinung sollte nur noch etwas für die Geschichtsbücher sein.
In den vergangenen neun Jahren hat die DWS viele Berichte über die wissenschaftliche Literatur veröffentlicht, die sich auf die Beziehung zwischen der finanziellen Leistungsfähigkeit von Unternehmen (Corporate Financial Performance - CFP) und der Umwelt-, Sozial- und Corporate Governance (Environmental, Social and Governance - ESG)-Leistung konzentrieren. Wir fassen diese Berichte zusammen und schätzen, dass es inzwischen 4.000 bis 5.500 wissenschaftliche Berichte über ESG und finanzielle Performance gibt.
Nach einer Analyse von Altmetric gehört die Studie der Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit der DWS, das den Zusammenhang zwischen ESG und CFP untersucht, zu den 1% am häufigsten zitierten akademischen Studien in Zeitungen und sozialen Medien. Die Studie wurde (neben anderen) in zahlreichen Berichten und Reden von z.B. den Vereinten Nationen, der Europäischen Kommission, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), der Bank of England, des US Government Accountability Office, der Principles for Responsible Investing (PRI) und des Weltwirtschaftsforums zitiert. Mehr als einhundert andere Banken und Vermögensverwalter haben ebenfalls die 2015-Studie zitiert.
In diesem Whitepaper zeigen wir, dass die Maximierung des Shareholder Value nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Wir zeigen auch, das in der Geschichte der Management-Theorie eher die Schlussfolgerung gestützt wird, dass Unternehmen die Interessen von Aktionären und Stakeholdern ausgleichen und nicht einseitig priorisieren sollten.
Wir konstatieren, dass Investoren, Banken und Unternehmen ihre ESG-Praktiken und -Strategie ändern, indem sie sich zunehmend an verantwortungsbewussten/ nachhaltigen Initiativen und Unternehmen beteiligen. Es bestehen jedoch Diskrepanzen zwischen Rhetorik und Umsetzung, wie z.B. bei den Abstimmungen der Investoren auf den Jahreshauptversammlungen der Unternehmen.
Darüber hinaus haben viele hochrangige Business Schools nach wie vor einen unzureichenden Fokus auf Nachhaltigkeit.
Eine wachsende Zahl von Finanzinstitutionen und Unternehmen beteiligt sich an Nachhaltigkeitsinitiativen, die darauf abzielen, ein Gleichgewicht zwischen den Ansichten von Stakeholdern und Aktionären herzustellen. Sie bekennen sich zu einem Stakeholder-zentrierten Kapitalismus und lehnen Milton Friedmans Meinung zum Primat des Aktionärs (shareholder primacy) ab.
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