02. Jan. 2024 DWS Research Institute

Kryptowährungen im Portfolio Kontext

Ein Interview mit vier Führungskräften von DWS und Galaxy.

Björn Jesch

Björn Jesch

Global Chief Investment Officer
Thomas Schuessler

Thomas Schuessler

Steve Kurz

Steve Kurz

Global Head of Asset Management Galaxy
Chris Rhine

Chris Rhine

Vorwort

Kryptowährungen sind mittlerweile zu bedeutend, als dass man sie ignorieren könnte. Was auch immer Ihre Meinung zu dieser relativ neuen Anlageklasse ist: Ein besseres Verständnis erlaubt bessere Entscheidungen zu treffen. Daher hat das DWS Research Institute mit vier Führungskräften gesprochen, zwei von der DWS und zwei von dem digitalen Vermögensverwalter und unserem strategischen Partner Galaxy Digital, um aus Anleger-Sicht über Kryptowährungen zu diskutieren. Wir hoffen, dass ihre Beiträge Ihnen helfen, ein besseres Verständnis für Kryptowährungen zu entwickeln.


Bühne frei -Kryptowährungen aus Anleger-Sicht


Herr Schüssler, wie ist Ihre Meinung zur Kryptowährung, ihrem Entwicklungspotential und ihrer Eignung als Anlageform?

Thomas Schüssler:

Zunächst sollten wir wahrscheinlich von Kryptowährungen im Plural sprechen. Kryptowährungen sind ein weites Feld, ich glaube, es gibt sogar tausende! Als Anlagemöglichkeit kommt vor allem Bitcoin in Frage, und eventuell Ether, denn alle anderen sind für uns noch nicht im Fokus. Es handelt sich um eine neue Anlageklasse, Bitcoin existiert erst seit  14 Jahren. Bitcoin ist in den letzten Jahren stark gewachsen und weckt viel Interesse. Ich glaube auch, dass es eine gewisse Funktion im Markt erfüllt. In Schwellenländern ist das unmittelbar einsichtig, aber für Deutschland oder die USA ist die Funktionalität weniger offensichtlich. Jedenfalls erfüllt Bitcoin meiner Meinung nach eine Funktion als Wertspeicher und ist eine Währung außerhalb des Zentralbank-Systems. Das sind meines Erachtens die  Haupt-Pluspunkte aus Investorensicht.


Herr Jesch, was ist Ihre Meinung dazu?

Björn Jesch:

Ich persönlich finde das Thema faszinierend. Als Unternehmen sind wir immer interessiert, neue Anlageklassen zu verstehen. Die Finanzindustrie war immer und wird immer innovativ sein. Es gehört zu unserer treuhändischen Aufgabe, diese Entwicklungen zu verstehen und zu bewerten. Ich verstehe, dass die Erfindung von Bitcoin und anderen Kryptowährungen teilweise auf die globale Finanzkrise und die damit verbundene Sorge vor staatlichen Rettungsaktionen und um die Stabilität traditioneller Institutionen zurückzuführen ist. Zum Beispiel war eine ursprüngliche Intention von den Bitcoin Erfindern, eine Währung zu schaffen, die nicht durch eine willkürliche Ausweitung der Geldmenge abgewertet werden kann. Seitdem haben wir uns weiterentwickelt: Es sind neue Anwendungsmöglichkeiten entstanden und entsprechend haben auch die Gründe für Investitionen in Kryptowährungen zugenommen. Zu diesen zählen eine mögliche Wertsteigerung, die Nutzung als alternatives Zahlungsmittel oder eine Allokation zur Diversifizierung.

Parallel zu der wachsenden Zahl an Anwendungs-möglichkeiten ist auch das Ökosystem gewachsen. Für Kryptowährungen gibt es bereits Terminkontrakte, Experten, Analysten, sowie spezialisierte Vermögens-verwalter – wie etwa Galaxy mit welchen wir eine strategische Allianz pflegen. Auch zeichnen sich bereits institutionelle Handelsaktivitäten bei großen Finanzins-titutionen ab. Unternehmen wie wir beschäftigen Innovations-Teams, in denen Spezialisten daran arbeiten, zu verstehen, wie Kryptowährungen und Blockchain unser Geschäftsmodell verändern könnten. Schlussendlich zählt für uns der Nutzen für unsere Kunden, sowohl bei Produkten, die den Zugang zu Kryptowährungen ermöglichen, als auch bei neuen Möglichkeiten für digitales Trading und Clearing von Transaktionen. Wie bei vielen neuen Technologien, wissen wir noch nicht genau, wie es weitergeht, aber wir wissen, dass wir dabei sein müssen.


Ganz genau. Eine Frage an unsere Galaxy-Gäste: Was möchten Sie hinzufügen? Was ist spezifisch für Kryptowährungen im Asset Management im Unterschied zu Kryptowährungen als Zahlungsmittel?

Steve Kurz:

Ich glaube, im Asset Management sind Kryptowährungen erst am Anfang. Die Krypto-Community versteht noch nicht, dass Bitcoin zwar schon seit 14 Jahren existiert, deswegen aber nicht notwendigerweise im institutionellen Kontext Fuß fassen sollte oder müsste, also in einem Portfolio-Kontext, in einem Allokations-Kontext. Das Bitcoin-Netzwerk wird seit über zehn Jahren hart getestet. Zum Beispiel verbot die chinesische Politik industrielles Krypto-Mining neuer Blockchain-Blöcke, trotzdem hat die Blockchain weiter funktioniert und neue Blöcke wurden erzeugt. Bitcoin zeigte sich während aller Krypto-Zyklen resilient und widerstand regulatorischen Schwierigkeiten und Bedenken. Trotz aller Negativ-Schlagzeilen funktioniert das Krypto-Netzwerk, es ist robust und resilient. Die Anwendungsmöglichkeiten entwickeln sich, aber Kryptowährungen sind noch nicht voll in den Portfolios angekommen. Das makroökonomische Bild erlaubt meiner Meinung nach, dass Bitcoin und seine möglichen Verwendungen im Portfolio wirklich wichtig werden.

Das große Problem Bitcoins ist die Illusion, dass Bitcoin sofort vom Markt angenommen werden muss, weil es wirklich schön designt ist – was ich im Übrigen auch finde! Es muss daran gearbeitet werden, Kryptowährungen zur Vermögensanlage und nicht nur als Zahlungsmittel zu verwenden, außerdem muss geklärt werden, aus welcher Anlagekategorie die Allokation erfolgen kann. Ich glaube, Bitcoin ist wie ein Teenager, oder ein Wachstums-unternehmen vor dem Börsengang, aber noch kein gelistetes Unternehmen. In den nächsten drei bis vier Jahren beginnt für Bitcoin eine viel größere Phase.


Ich möchte Ihr Argument unterstreichen, dass Bitcoin vom Markt ausführlich getestet wird, was für jede Anlageklasse wichtig ist. Es ist naheliegend, dass Bitcoin umso robuster wird, je mehr Marktzyklen es überlebt.

Steve Kurz:

Bitcoin ist sicher mehr getestet worden als andere Kryptowährungen, die im Vergleich zu Bitcoin wie Kleinkinder wirken. Es ist ähnlich wie beim Internet im Jahr 2001. Wir entwickeln gerade diese neue Anlageklasse und die zugehörige Technologie. Unser Ansatz bei Galaxy zielt weniger darauf, ein dezentralisiertes, globales open-source Phänomen zu verteidigen oder auch nur zu definieren. Stattdessen analysieren wir die Entwicklungen und fokussieren uns auf zwei Dinge: Auf die heute wichtigen, schon heute investierbaren Kryptowährungen und auf die Kryptowährungen, die zwar heute noch nicht investierbar, aber trotzdem wichtig sind. Und dann gibt es die große Menge der nicht wirklich bedeutsamen Kryptowährungen, und das ist auch ok so. Unser Ziel ist, alles durchzusieben und konzeptionell konsistent zu erarbeiten, wie Kryptowährungen im Portfolio-Kontext eingesetzt werden können.

 

 

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