- Home »
- Insights »
- DWS Research Institute »
- Dividenden und Inflation – real(istisch) betrachtet...
- Dividenden sind für Aktienanleger ein wichtiger Bestandteil der Gesamtrendite. In den letzten 20 Jahren waren sie für etwa ein Viertel der durchschnittlichen monatlichen Gesamtrendite des MSCI World-Index verantwortlich, während ihr Beitrag zum Risiko praktisch bei null liegt.
- Es lässt sich keine offensichtliche Beziehung zwischen den beiden Bestandteilen der Gesamtrendite – Kursrendite und Dividendenrendite – feststellen. Dividenden sind über die Zeit stabil und unabhängig von der Kursrendite.
- Die Verteilung der Dividenden ist annähernd normal, aber der Ertrag ist (wie erwartet) immer positiv und tendiert scheinbar zur Schiefe (Skew) nach rechts. Überraschenderweise fällt diese Schiefe (Skew) nicht mit niedrigeren Kursrenditen zusammen.
- Obwohl die Inflation auf kurze Sicht weder mit Dividendenrenditen noch mit Kursrenditen korreliert, gibt es auf längere Sicht Hinweise darauf, dass in Zeiten mäßiger bis höherer Inflation Value-Strategien, die auf Substanzwerte setzen, besser abschneiden als Growth-Strategien mit Wachstumswerten.
Auch wenn wir hoffen, dass bei Ihnen der Eingang Ihrer Dividenden nicht der einzige Anlass zur Freude ist, Rockefeller hatte in einem Recht – Dividenden sind wichtig. Dies ist das erste Whitepaper in einer Reihe von vier und untersucht das Verhältnis zwischen Dividenden und Inflation in den letzten zwanzig Jahren und darüber hinaus. Unsere Erkenntnisse könnten gerade für Investoren, die zum ersten Mal eine Phase höherer Inflation erleben, aufschlussreich sein. In den später folgenden Whitepapers wollen wir uns mit der Beziehung zwischen Dividenden und Zinsen, Sektoren und Faktoren befassen. So hoffen wir, Anlegern mit diesen vier Whitepapers neue Einblicke zu gewähren, wohlbekannte Dividendentheorien neu zu diskutieren und ein klares Verständnis des Zusammenspiels von Dividenden und diesen vier wichtigen Finanzthemen zu vermitteln. Denn ein besseres Verständnis ist die Voraussetzung für bessere Investitionen. Und ein besseres Verständnis beginnt mit Daten und Fakten.
„Wissen Sie, was mir als Einziges Freude bereitet? Den Eingang meiner Dividenden zu verfolgen.“
– John D. Rockefeller
Die Daten
Bei der Untersuchung langfristiger Finanzdaten stehen wir immer vor einem Dilemma: Einerseits muss eine ausreichend große Datenmenge möglichst weit in der Zeit zurückgehen, andererseits verändert sich die Welt, sodass ältere Daten möglicherweise nicht mehr relevant sind. Hier gibt es kein richtig oder falsch – wir gehen bei diesem Beitrag systematisch vor und blicken zuerst auf die monatlichen Erträge des MSCI World-Index in den letzten zwanzig Jahren (der MSCI World-Index ist ein marktkapitalisierungsgewichteter Index der globalen entwickelten Märkte, also der Vereinigten Staaten, Europas, Australasiens und des Fernen Ostens). Dies bietet in unseren Augen den Vorteil, ausreichend viele Konjunkturzyklen, Finanzkrisen und Phasen mit höherer und niedriger Inflation zu erfassen, sodass unsere Analyse sowohl gründlich als auch aussagekräftig ist. Im späteren Verlauf vergleichen wir unsere Ergebnisse mit einer längeren Datenserie in den USA und stellen einige interessante Unterschiede fest.
Unsere ursprünglichen Daten waren Kursrenditen und Gesamtrenditen des MSCI World-Index. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten verwenden wir als die Einkommensoder Dividendenkomponente der Rendite. Wir stellen fest, dass es viele unterschiedliche Möglichkeiten zur Definition und Berechnung von Dividendenrenditen gibt, aber uns erscheint die Verwendung der Differenz zwischen Kurs- und Gesamtrendite einfach und nachvollziehbar. Unsere Inflationsdaten kommen von Eurostat und FRED. Sowohl in den USA als auch im Euroraum greifen wir auf Kursveränderungen zum Vormonat zurück. Bei der Umrechnung von nominal in real ziehen wir die entsprechende Inflationsrate für diesen Zeitraum ab – eine von mehreren denkbaren Berechnungsmethoden.
Die Fakten
Abbildung 1 stellt einige der zusammenfassenden Statistiken der monatlichen Renditen des MSCI World-Index in den letzten 20 Jahren dar. Für uns liefert diese Tabelle eine besonders wichtige Erkenntnis. Betrachtet man nur die nominalen Renditen in den drei Spalten links, lässt sich ablesen, dass die durchschnittliche monatliche Gesamtrendite in diesem Zeitraum bei 0,79 Prozent lag. Darüber hinaus zeigen die beiden nächsten Spalten den Durchschnitt dieser Zahl – etwa 0,59 Prozent sind den Kursbewegungen der Aktien zuzurechnen, die verbleibenden 0,20 Prozent den Dividenden. So haben im Lauf der letzten zwanzig Jahre Kursrenditen im Durchschnitt etwa 74 Prozent der Gesamtrendite eines Anlegers ausgemacht, während die Dividenden- oder Einkommensrendite (diese beiden Begriffe verwenden wir synonym) die restlichen 26 Prozent beisteuert.
Diese Verteilung der Rendite dürfte unsere Leserinnen und Leser kaum überraschen, der Risikobeitrag dieser Renditen könnte dies aber durchaus. Bemerkenswert ist, dass im Prinzip das gesamte Risiko einer Investition am Aktienmarkt in diesem Zeitraum den Kursschwankungen zuzuschreiben ist, während das Dividendenrisiko im Vergleich dazu so verschwindend gering war, dass es praktisch keine Rolle spielte. Die monatliche Volatilität der Dividendenrendite beläuft sich auf 0,10 Prozent, gegenüber 3,75 Prozent für die Kursrendite (bei der Risikoaufschlüsselung verwenden wir die Varianz, sodass die Endsumme 100 Prozent ergibt). Dieses Ergebnis lässt sich visuell besser verstehen. Abbildung 2 zeigt die tatsächliche monatliche Kurs- und Dividendenrendite im untersuchten Zeitraum, und Abbildung 3 zeigt, wie sich diese Renditen im Lauf der Zeit zusammensetzen.
Abbildung 2 zeigt den großen Unterschied zwischen den beiden Renditekomponenten hinsichtlich des Risikos, wobei die Kursrendite ein stark schwankendes Profil aufweist. Das Ergebnis ist im Durchschnitt aber positiv – Aktienanleger gehen Risiken schließlich nur mit gutem Grund ein! Die Dividende ist hingegen wesentlich stabiler. Zu keinem Zeitpunkt war sie in diesem Zeitraum negativ (theoretisch wäre eine negative Dividendenrendite möglich, aber nur, wenn viele Unternehmen gleichzeitig sehr viele Aktien ausgeben), und ihre relativ geringe Volatilität ist deutlich zu sehen.
Abbildung 3 zeigt die Auswirkungen dieser beiden doch sehr unterschiedlichen Renditearten im Lauf der Zeit. Die Dividendenkomponente wächst über die Jahre langsam und stetig, während die Kurskomponente stärker ausschlägt und nach mehreren Jahren sogar schlechter abschneidet als die Dividendenrendite.
Allerdings fällt das Endergebnis wie erwartet aus – in den letzten zwanzig Jahren war die Gesamtrendite für den Anleger positiv. Die risikoreichere Komponente der Rendite trägt den Löwenanteil dieser Gewinne bei, aber der Anteil der Dividende übernimmt die Schlüsselrolle eines sicheren Hafens im Ozean der Aktienmärkte.