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- Inflationäre Paradigmenwechsel
- In unseren Prognosen bleibt die Inflation in den Industrieländern für längere Zeit höher, auch wenn sie gegen Ende 2022 wohl wieder zurückgehen wird.
- Die Covid-19-Pandemie dürfte eine klare Abkehr von einer Inflationsentwicklung markieren, die wir vor einigen Jahren noch als „Schildkrötenzyklus“ bezeichnet hatten.
- Stattdessen beobachten wir jetzt eher einen „Hasenzyklus“ und jede Menge Volatilität bei den Anlagepreisen und den zugrundeliegenden wirtschaftlichen Kennzahlen. Jetzt geht es darum, einen kühlen Kopf zu bewahren und diszipliniert zu handeln.
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In der modernen Kosmologie bezieht sich das Inflationsparadigma auf die Vorstellung, dass sich das frühe Universum in den ersten Sekundenbruchteilen extrem schnell (exponentiell) ausgedehnt hat. Ob dies tatsächlich der Fall war, wird seit einigen Jahrzehnten von Physikern heftig diskutiert.[1] Wie wir sehen werden, sind diese Diskussionen auch für die andere Sorte Inflation, auch bekannt als Teuerungsrate, von großer Relevanz.
Die Märkte beschäftigen sich intensiv mit der Frage, ob die teils drastisch höheren Preise, ausgelöst durch die Probleme in den Lieferketten, mehr sein könnten als eine vorübergehende Erscheinung – ob sie, wie es die US-Notenbank (Fed) formuliert, „vorübergehend“ sind. Diese Behauptung ist an sich noch so allgemein, dass sie sich früher oder später immer als richtig erweisen wird. Im August verwies der Präsident der Federal Reserve etwas spät auf fünf spezifische und beachtenswerte Kennziffern. Aktuell deuten alle fünf darauf hin, dass die Inflation höher und breiter angelegt sein und vielleicht auch länger andauern könnte, als dies die meisten Marktbeobachter noch vor einigen Monaten für möglich gehalten hatten. Es mehren sich die Stimmen, unter ihnen auch die des ehemaligen US-Finanzministers Lawrence Summers, die Fed solle ihr umfangreiches Anleihekaufprogramm schneller zurückfahren (Tapering) als geplant.[2]
Nichts liegt uns ferner als uns mit ökonomischen Schwergewichten wie Larry Summers oder auch den Wirtschaftsberatern von Jerome Powell, dem Präsidenten der Fed, anzulegen. Aber besonders Investoren, die nicht mit regelmäßigen Wirtschaftsprognosen konfrontiert sind, sollten wissen, dass sich keine der beiden Seiten ihrer Meinung so sicher sein kann, wie das gegenüber Laien klingen mag.
Der Grund hierfür liegt in der großen Unsicherheit, die überall lauert – wie das nach einer bisher noch nie in dieser Form erlebten Pandemie zu erwarten ist. Natürlich ist es leicht zu sagen, dass sich das Angebot an Bauholz, Halbleitern oder an Automobilen letzten Endes wieder einpendeln wird. Die Grundlagen der Mikroökonomie lassen den Schluss zu, dass diese Engpässe äußerst wahrscheinlich „vorübergehender“ Natur sein werden, aber wer alle Besonderheiten und Makroimplikationen zu Ende denkt, wird atemberaubend komplexe Tatbestände finden.[3] Die drastisch steigende Nachfrage nach langlebigen Gebrauchsgütern seit Beginn der Pandemie hat zudem die globalen Lieferketten zusätzlich belastet.[4] Wie lange wird dies so bleiben? Das wird zum Teil von den zukünftigen globalen (Frachtschiff-)Transportpreisen abhängen. Und die hängen unter anderem am Tarifvertrag für Hafenarbeiter in Südkalifornien, der am 1. Juli 2022 auslaufen wird.[5]
Nun waren wir gegenüber dem Narrativ „vorübergehender“ Inflation etwas skeptischer als die meisten anderen noch bevor solche Zweifel allerorts zu hören waren. Inzwischen möchten wir aber, in aller Bescheidenheit, doch darauf hinweisen, dass solche Darstellungen doch auch einige richtige Aspekte enthalten. Sobald die Pandemie abklingt, dürfte sich die Konsumnachfrage von Industriegütern weg wieder stärker auf Dienstleistungen verlagern, einschließlich Reisen und Tourismus, und so den Druck, der auf den globalen Lieferketten für Industriewaren lastet, verringern. Fiskalische Anreize in den Vereinigten Staaten dürften auslaufen, selbst wenn noch einige der zuletzt vorgestellten Maßnahmen verabschiedet werden sollten. Und die diesjährigen höheren Preise für bestimmte Waren wie Gebrauchtwagen oder Rohöl und Erdgas könnten im nächsten Jahr als Basiseffekte zurückkommen – statistische Ausreißer, die Vergleiche zum Vorjahr verzerren. Hohe Inflationszahlen 2021 spiegelten schließlich zum Teil den drastischen Einbruch der Nachfrage und den so 2020 in den ersten Monaten der Pandemie verursachten Rückgang der Preise wider.
Bei unseren Prognosen bleiben die Inflationsraten in den Industrieländern noch für einige Monate auf erhöhtem Niveau, wenn auch in den einzelnen Ländern unterschiedlich hoch. In der zweiten Jahreshälfte 2022 dürften sie dann wieder allmählich sinken. In den Vereinigten Staaten rechnen wir mit der Inflationsspitze gegen Ende des Winters oder spätestens zu Beginn des Frühjahrs. Nachdem wir jedoch unsere Inflationsprognosen in diesem Jahr bereits nach oben korrigieren mussten, wollen wir besonders darauf hinweisen, dass die Inflationsaussichten jetzt wesentlich unsicherer sind als in den letzten Jahrzehnten.
Unseren 12-Monats-Ausblick in Zahlen finden Sie in unseren „Prognosen“.
Warum dies so ist, bringt uns zurück zum Inflationsparadigma der Kosmologie. Die heutigen Physiker wissen sicherlich mehr über die Inflation des frühen Universums als noch vor 40 Jahren.[6] Ob das bei Ökonomen auch der Fall ist, ist nicht ganz so sicher. Die heutigen makroökonomischen Modelle und die zentrale Rolle, die bei ihnen rationale Erwartungen spielen, sind nur eine mathematische Verpackung für eine hübsche Geschichte, die Ökonomen, die die 1970er Jahre erlebt haben, für überzeugend hielten. Ob sie im wissenschaftlichen Sinn der „Wahrheit“ näherkommen, scheint heute ebenso wenig klar zu sein wie 1979.[7] Wir wissen immer noch nicht, wie genau Inflationserwartungen entstehen, wie sich diese Prozesse im Lauf der Zeit verändert oder welche der spezifischen Umstände den größten Einfluss darauf haben. Und zumindest was ihre eigene Lebenserfahrung betrifft, wissen die meisten der heutigen Anleger und Ökonomen in den Industrieländern wesentlich weniger über dieses Thema als ihre Vorgänger, haben sie doch höchstens eine derartige Phase erlebt: die Stagflation in den 1970er Jahren. Die aktuelle Phase könnte beispielsweise mehr Parallelen zum inflationären Nachkriegsboom von Juli 1946 bis Oktober 1948 aufweisen.[8] Damals erwies sich die Inflation in der Nachkriegswirtschaft der Vereinigten Staaten letzten Endes als „vorübergehend“, aber erst, nachdem sie im März 1947 den Spitzenwert von über 20 Prozent erreicht hatte![9] Sie schuf übrigens auch eine der besten Kaufgelegenheiten in der Geschichte des US-Aktienmarktes.[10]
Die aktuelle Phase könnte beispielsweise mehr Parallelen zum inflationären Nachkriegsboom von Juli 1946 bis Oktober 1948 aufweisen.
Im Hasenzyklus investieren
Wir würden dies alles so deuten, dass die Covid-19-Pandemie eine klare Abkehr von einer Entwicklung markieren dürfte, die wir noch vor einigen Jahren als „Schildkrötenzyklus“ bezeichnet hatten. Zur Erinnerung: Seit 2009 schien es häufig, als ob niedrige Inflation, niedrige Zinsen und niedriges, aber positives Wirtschaftswachstum ewig andauern würden. Alles bewegte sich in einem schildkrötenhaften Tempo, aber Jahr für Jahr fanden wir genügend Gründe, warum der Geschäfts- und Kapitalmarktzyklus wesentlich länger als üblich dauern würde und es mangelte auch nicht an Zuversicht in die eigenen Prognosen.
Die Situation könnte sich jetzt, auf dem Weg ins Jahr 2022, kaum stärker von damals unterscheiden. Unabhängig von den längerfristigen Auswirkungen der Pandemie befinden wir uns jetzt im „Hasenzyklus“. Zumindest im Augenblick bewegt sich alles sehr schnell mit jeder Menge Volatilität bei den Anlagepreisen und die zugrundeliegenden wirtschaftlichen Kennzahlen schlagen mitunter Haken wie ein verschreckter Feldhase.
Für Anleger, die einen kühlen Kopf bewahren, könnte dieses Umfeld gar nicht so schlecht sein. Es schafft nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Zuerst zu den Risiken: Die größte Gefahr ist nicht die Inflation an sich, sondern sich in eine augenscheinlich plausible Idee zu vertiefen, ohne die Konsequenzen zu Ende zu denken. Finanzmärkte werden von Narrativen bestimmt, zumindest auf kurze bis mittlere Sicht.[11] Zu einem Zeitpunkt, zu dem das Rauschen die Daten selbst überlagert, dürften auch viele dieser Narrative bei der Veröffentlichung neuer Daten ins Wanken geraten. Der Lernprozess an den Finanzmärkten spielt sich so blitzschnell ab, aber ohne Garantie, dass die Märkte immer sofort richtig liegen, besonders wenn es um Fragen geht, die für viele Marktteilnehmer neu sind.[12]
In Zukunft könnte Gold nach unserer Einschätzung eine nützliche Rolle bei der Diversifizierung eines Portfolios spielen.
Nehmen wir die Idee, dass Gold eine klassische Absicherung gegen Inflation ist. Manchmal stimmt das, manchmal aber auch nicht.[13] In Zukunft könnte Gold nach unserer Einschätzung eine nützliche Rolle bei der Diversifizierung eines Portfolios spielen. Dennoch sollten wir zu sehr vereinfachende Narrative vermeiden, vor allem für Anlageformen, die keine Einkommensrendite erwirtschaften oder ihrem Halter einen anderen wertvollen Dienst erweisen. Wie die Nachfrage nach Gold durch Inflationszahlen beeinflusst werden könnte, ist hauptsächlich eine Frage der Marktstruktur und weniger eine mechanische Berechnung, die wenigstens immer die richtige Richtung garantiert anzeigt. In diesem Sinn lassen sich aus der wechselhaften Entwicklung von Gold während früherer Inflationsphasen – nicht zu vergessen sind die Auswirkungen gesetzlicher Änderungen in den USA auf den Preis! – wohl auch wertvolle Lehren für Kryptowährungen, non-fungible Tokens (NFT)und ähnliches als mögliche Inflationsabsicherung ziehen.
Um die Auswirkungen der Inflation auf traditionellere Finanzanlagen darzustellen, nehmen wir eine Bank, die über einen Kreditantrag zum Festzins von angenommen 2% für 10 Jahre entscheiden muss. Unter ansonsten gleichen Bedingungen ist eine über den Erwartungen liegende Inflation für Kreditnehmer eine gute Nachricht, für Kreditgeber und Sparer eine schlechte Nachricht. Dieselbe Logik trifft für Anleihen oder auch jede andere nominale Schuldverschreibung zu. Viele Anleihen sind wie ein einfacher Kredit strukturiert, mit regelmäßigen Zinszahlungen über einen Kupon und Rückzahlung des Nennwerts der Anleihe bei Fälligkeit. Wie die letzten Jahrzehnte besonders nach den Finanzkrisen in den Jahren 2008 und 2009 gezeigt haben, sind derartige Verpflichtungen, an einem bestimmten Datum in der Zukunft einen bestimmten Betrag zu zahlen, durchaus auch im Wert gestiegen. Eine unerwartet niedrige Inflation oder gar eine Deflation – ein allgemeiner Preisrückgang für Waren und Dienstleistungen – machen einen Festzinssatz und die Rückzahlung am Ende der Laufzeit teurer. Die Bank könnte ihren Kredit oder eine ähnlich strukturierte Anleihe zu einem höheren Preis verkaufen. Natürlich vorausgesetzt, dass diese Desinflation oder Deflation die wirtschaftlichen Perspektiven des Kreditnehmers nicht in dem Ausmaß beeinträchtigt, dass die Gefahr eines Zahlungsausfalls zunehmend wahrscheinlicher wird.
Schutz vor Inflation? "Ja, aber..."
Diese einfachen Beispiele zeigen deutlich, warum Angst vor Inflation kein guter Grund ist, nominale Anleihen insgesamt zu meiden. Wie immer geht es auch hier um die Frage, was der Preis bereits beinhaltet, nicht zuletzt mit Blick auf Ausfallrisiken. In diesem Sinn kommt es stark darauf an, warum die Inflation unerwartet hoch oder unerwartet niedrig ausfällt. Das ist zumindest ebenso wichtig, wie die tatsächliche Inflationshöhe, denn es hat häufig Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit bestimmter Unternehmen und Branchen.
Derzeit sehen wir die meisten riskanteren Segmente im festverzinslichen Bereich als relativ attraktiv an. Da sich die Weltwirtschaft weiterhin auf dem Weg der Besserung befindet und die Gefahren der Pandemie abnehmen, dürften Unternehmensanleihen fast durch die Bank von niedrigeren Ausfallraten profitieren. Bei den Schwellenländern möchten wir auch darauf hinweisen, dass die Inflation für Anleger in dieser Anlageklasse ein durchaus vertrautes Risiko ist. Wie immer ist eine sorgfältige Auswahl auf der Grundlage einer Bottom-Up-Analyse der Schlüssel zum Erfolg. „In diesen unsicheren Zeiten muss der Kauf bei Rücksetzern wohl einzig und allein Aktienanlegern vorbehalten sein“, stellt Frank Engels, Global Head of Fixed Income bei der DWS ironisch fest.
Während Hochzinsanleihen vielleicht nicht sofort jedem als mögliche Inflationsprofiteure in den Sinn kommen, ist dies bei Infrastruktur und Immobilien wohl eher der Fall. Unsere Antwort wäre, wie immer, „ja, aber...“ Infrastrukturinvestitionen können sicherlich vor höherer Inflation Schutz zu bieten. „Die quasi-monopolistische Natur von Infrastrukturanlagen und die Inelastizität der Nachfrage ermöglichen höhere Tarife, wobei die Inflation mit einer hohen Wahrscheinlichkeit an den Kunden weitergereicht werden kann,“ erläutert Gianluca Minella, Head of Infrastructure Research, Alternatives, bei der DWS. „Für regulierte Infrastrukturbereiche, einschließlich Wasser, Stromnetze oder Mautstraßen, beinhaltet die Regulierung im Allgemeinen eine explizite Inflationsverknüpfung.“ Allerdings sind politische Entscheidungsträger dafür bekannt, dass sie sich in der Vergangenheit bei steigender Inflation gerne in bestehende Regulierungen eingemischt haben. Derartige Risiken müssen vor einer Investition in diesem Bereich sorgfältig untersucht werden. Sie können Bewertungen vorübergehend nach unten drücken und so möglicherweise interessante Gelegenheiten schaffen.[14]
Ein Schlüsselfaktor, und nicht nur bei Infrastruktur, wird die Entwicklung der realen Zinssätze sein, d.h. was von den nominalen Zinsen nach Abzug der Inflation übrigbleibt. Derzeit sind die Realzinsen deutlich negativ, und wir sehen in nächster Zukunft hier keine Veränderung. Aber eine leichte Aufwärtsbewegung zu einem späteren Zeitpunkt käme nicht überraschend. „Eine höhere Inflationserwartung birgt die Gefahr volatiler und steigender Zinsen, die zu einer ausgeprägten Wertkomprimierung führen könnten,“ erklärt David Bianco, Chief Investment Officer, Americas bei der DWS.
Immobilien sind ein weiteres Gebiet, wo die Argumente am Schluss ausgewogener sind, als dies auf den ersten Blick erscheinen mag. Die Inflation erhöht in der Regel das nominale Einkommen von Mietern. Sie kann die Baukosten nach oben treiben und eine wettbewerbsfähige Versorgung einschränken. Dies war sicherlich vor kurzem in den Vereinigten Staaten der Fall, wo die Preise für Baumaterial seit Sommer um etwa 30% gestiegen sind. „Im Lauf der Zeit folgen die Immobilienpreise den Wiederbeschaffungskosten, die direkt an die Inflation geknüpft sind,“ so Kevin White, Global Co-Head, Alternative Research and Strategy bei der DWS. „Wir glauben, dass die steigende Inflation einer der Hauptgründe für die gute Wertentwicklung des Immobiliensektors in diesem Jahr ist.“ Bei den einzelnen Sektoren spielt die Mietdauer eine Schlüsselrolle. Wohnimmobilien sind in der Regel die beste Inflationsabsicherung, da hier die Mieten häufig jährlich angeglichen werden können. Bei Bürogebäuden ist beides möglich: Einige haben automatische Inflationsanpassungen und sind eine sehr gute Absicherung; andere sind an eine Festmiete gebunden oder haben zumindest eine Mieterhöhung in bestimmten Abständen (unabhängig von der Inflation) vereinbart.
Das Fazit bei all diesen Segmenten ist, dass sie zwar eine gewisse Absicherung gegen Inflation bieten, aber die Details wichtig sind. Das gilt auch für Aktien ganz allgemein. „Inflation wirkt sich auf unterschiedliche Art und Weise auf Aktienerträge aus,“ meint Thomas Bucher, Head of Investment Strategy Equity. „Die meisten Unternehmen, mit denen wir in Kontakt stehen, betrachten steigende Inputkosten als eine gute Gelegenheit, diese an die Kunden weiterzugeben, in der Hoffnung auf höhere Einkünfte und auch Gewinne. Daher wird es auch 2022 unabdingbar sein, bei der Auswahl von Aktien den operativen Hebel und Preissetzungsmacht im Blick zu behalten. Die Auswirkungen einer möglicherweise längeren Inflation auf Bewertungsmultiplikatoren ist hingegen nicht so klar.“
Das bringt uns zu einer unserer Lieblingsdebatten in den Finanzwissenschaften und Businessmedien der letzten 50 Jahre. 1979 brachte die Business Week eine inzwischen berüchtigte, aber tatsächlich sehr zum Nachdenken anregende Titelgeschichte mit der Überschrift: „Der Tod der Aktien: Wie die Inflation den Aktienmarkt zerstört.“[15] Etwa zur selben Zeit veröffentlichten Franco Modigliani und Richard Cohen eine einflussreiche Analyse, bei der sie zu dem Schluss kamen, dass Aktienanleger an einer Art Geldillusion leiden würden, d.h. Aktien systematisch unterbewerten würden.[16] Das war nicht unbedingt der Fall, wie unser Kollege Francesco Curto, Global Head of Research ausführlich dargelegt hat.[17] Bei der Untersuchung, wie die Inflation verschiedene Bilanzierungskennziffern verzerrte, stellte er fest, dass die Märkte am Ende zu recht vernünftigen Schlussfolgerungen gekommen waren, wie unterschiedliche Branchen und Unternehmen damals bewertet wurden.
Unsere Einschätzung wäre, dass damals wohl, wie bei jedem Marktzyklus, Elemente aller drei Effekte beteiligt waren.[18] Aber schon allein die Tatsache, dass diese Fragen noch 40 Jahre später diskutiert werden, ist an und für sich der beste Beweis für den Einfluss von Narrativen, auch auf lange Sicht.