24. Juni 2024 CIO Special

Unternehmensanleihen dürften trotz jüngster Schwankungen weiterhin von solider Nachfrage profitieren

Unternehmensanleihen erfreuen sich aktuell hoher Nachfrage. Aufgrund eines gesunden Umfelds ist trotz bereits teurer Spreads keine Trendumkehr zu befürchten.

Björn Jesch

Björn Jesch

Global Chief Investment Officer
  • Seit nunmehr eineinhalb Jahren befinden sich die Spreads von Investment-Grade-Unternehmensanleihen im Rückwärtsgang – und auch die durch die politische Situation in Frankreich ausgelösten jüngsten Schwankungen sollten sich perspektivisch beruhigen.
  • Während die bereits eher engen Spreads zu Staatsanleihen das Marktsegment teuer erscheinen lassen, stehen die hohen Renditen für eine anhaltende Attraktivität.
  • Günstigere Finanzierungskonditionen in Euro haben zu einer Renaissance so genannter Reverse Yankees gesorgt.

Positives Sentiment verhilft Unternehmensanleihen zu einer äußerst soliden Performance

Seit Beginn des Jahres 2023 befindet sich das Segment der Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Bereich beiderseits des Atlantiks in sehr guter Verfassung. Die Spreads liegen mittlerweile wieder auf deutlich tieferen Niveaus, obwohl die Nervosität um die Wahlen in Frankreich jüngst eine kleine Gegenbewegung eingeleitet hat. Trotzdem scheint der Abwärtstrend unserer Einschätzung nach nicht nachhaltig gebrochen. Selbst die hohen Neuemissionsvolumina können der Solidität des Marktes scheinbar nur wenig anhaben. Bei Betrachtung der gebotenen Renditen sind Unternehmensanleihen ebenfalls noch attraktiv. Wir gehen davon aus, dass sich die Anleger nach Abklingen der jüngsten Schwankungen wieder auf die guten Fundamentaldaten zurückbesinnen werden und der Markt auf seinen soliden Pfad zurückschwenkt.


1 /Weitgehend stabile Spreadentwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks


1.1  Hohe Solidität des gesamten Investment-Grade-Segments …

Unternehmensanleihen sind Schuldverschreibungen, die von Firmen ausgegeben werden, um sich eine Finanzierung über den Kapitalmarkt zu beschaffen. Das unterscheidet sie von Krediten bei Finanzinstituten. Der in dieser Publikation ausschließlich betrachtete Bereich der Investment-Grade-Anleihen umfasst lediglich Papiere mit einer Bonitätseinschätzung (Rating) von BBB oder höher – sprich, es wird von den Ratingagenturen eine solide Kreditqualität bescheinigt. Für den Anleger sind Unternehmensanleihen nur eine von vielen Anleiheklassen, jedoch mit ganz spezifischen Charakteristika und einer Reihe von Einflussfaktoren, die auf den Kurs respektive die Renditeentwicklung wirken. Diese Einflussfaktoren sind einerseits marktspezifisch, andererseits spielen aber auch Aspekte wie der Geschäftserfolg oder die Beurteilung von Ratingagenturen eine wichtige Rolle.

Für Investoren liegen die Vorteile von Unternehmensanleihen vor allem in einer aufgrund der Risikoprämie höheren Renditen im Vergleich zu Staatsanleihen sowie einer (meist) geringeren Volatilität und einem niedrigeren Risiko im Vergleich zu Aktien. Allerdings besteht gleichzeitig ein erhöhtes Risiko eines Zahlungsausfalls oder einer verspäteten oder reduzierten Zahlung von Zinsen und Kapital. Das Risiko und die Rendite von Unternehmensanleihen werden zuallererst durch die Bonität des Emittenten beeinflusst – meist ausgedrückt durch das Rating. Diese Bonitätskennzahl spiegelt die Kreditqualität des Emittenten wider, die unter anderem auf der Finanzkraft und den Geschäftsaussichten beruht. Natürlich wirkt auch das allgemeine Marktumfeld auf die Rendite von Unternehmensanleihen ein, so haben beispielsweise geldpolitische Entscheidungen eine hohe Relevanz.

Betrachten wir die Entwicklung der Spreads von Unternehmensanleihen in den vergangenen Monaten, zeigt der Trend zu immer engeren Niveaus unserer Einschätzung nach den soliden Zustand des Marktsegments, auch gegenüber eigentlich negativen Markttrends oder auch dem hohen Volumen an Neuemissionen seit Jahresbeginn. Potenzielle Störfaktoren werden nahezu vollständig ignoriert, auch wenn die durch Frankreich induzierte Nervosität jüngst zu leichten Spreadausweitungen geführt hat. Die Investoren scheinen unserer Auffassung nach tief davon überzeugt, dass kein aufkommender potenziell negativer Einflussfaktor in der Lage ist, das derzeit dominierende Doppelnarrativ zu ändern: Einerseits wurde das Risiko einer Rezession allmählich ausgepreist, gleichzeitig scheinen sinkenden Leitzinsen nach wie vor gesetzt – lediglich der Zeitpunkt der Zinssenkungen wird mehr und mehr nach hinten verschoben. Diese beiden Hauptstützen des Marktes werden nun zwar andauernd neuen Test unterzogen, das Sentiment jedoch bleibt unverändert positiv – und es gibt unserer Einschätzung nach derzeit auch nur wenig Anhaltspunkte für eine nachhaltige Gegenbewegung. Allerdings sind wir der Auffassung, dass die bereits sehr engen Spreads zu einer generell etwas vorsichtigeren Haltung gegenüber Unternehmensanleihen führen sollten.


1.2  … steigende Risiken und hohe Neuemissionsvolumina bleiben Randerscheinungen

Die Risikotoleranz gegenüber geopolitischen Spannungen erscheint ebenfalls eher hoch. Das dürfte unserer Meinung nach auch damit zusammenhängen, dass beispielsweise die Rohstoffpreise in Reaktion auf die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten nur vergleichsweise geringe Volatilität aufgewiesen haben. Doch auch hier besteht durchaus die Gefahr, dass für Unternehmensanleihen wichtige Entwicklungen mehr und mehr übersehen werden, da die jüngste, sehr positive Performance etwas die Sicht verstellt.

Mit Blick auf die Ratingentwicklung präsentiert sich das Umfeld ebenfalls noch immer durchaus solide, und das gilt für Emittenten dies- und jenseits des Atlantiks gleichermaßen. Im Investment-Grade-Bereich sehen wir nach wie vor deutlich mehr Ratingheraufstufungen als -herabstufungen, auch wenn sich dieses Verhältnis in den vergangenen Monaten leicht verschlechtert hat. Die für IG-Bonds ebenfalls sehr wichtige Kenngröße, wie viele Emittenten durch eine Ratingverschlechterung aus dem Investment-Grade-Bereich in das Segment der spekulativen Anleihen (High Yield) abrutschen, bewegt sich mittlerweile bereits seit einigen Jahren auf sehr tiefen Niveaus, was als ein weiteres Zeichen für die Solidität dieses Segments gewertet werden kann.

Die Neuemissionen im Investment-Grade-Bereich liegen seit Jahresbeginn auf sehr hohen Niveaus. Die Volumina haben bereits die Werte der Vorjahre hinter sich gelassen, mit Ausnahme der Rekorde von 2020. Obwohl sich erst noch zeigen muss, dass die Volumina auch im weiteren Jahresverlauf auf den erreichten Niveaus werden verharren können, erscheint die stabile Nachfrage dafür zu sorgen, dass zumindest absehbar nicht mit einer merklichen Abschwächung gerechnet werden muss. Wie Daten von Bloomberg bestätigen, wurden die Neuemissionen seit Jahresbeginn gut aufgenommen und zeigten auch anschließend eine insgesamt positive Performance auf dem Sekundärmarkt. Zudem gab es demnach keinen nennenswerten Verkaufsdruck, um Platz für die neuen Emissionen zu schaffen. Teilweise erwecken die Marktbewegungen sogar den Eindruck, dass die hohen Neuemissionsvolumina nicht ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen. Von daher dürften die Spreads vor diesem Hintergrund auch weiterhin gut unterstützt bleiben.[1]


1.3  Spreads erscheinen mittlerweile eher teuer, Renditen jedoch nach wie vor attraktiv

Die Spreadentwicklung von Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich war in den vergangenen Monaten durchaus beeindruckend – und das gilt für europäische und amerikanische Bonds gleichermaßen. Nach markanten Zwischenhochs im Oktober 2022 und dann noch einmal im März 2023 ist die Richtung klar, die Spreads wurden enger und enger. Zwar hat sich das Tempo der Einengungen in den vergangenen Wochen merklich verlangsamt und durch die Entwicklungen in Frankreich hat es sogar einen leichten Rücksetzer gegeben. Doch gehen wir nach wie vor davon aus, dass eine nachhaltige Trendumkehr bisher noch nicht befürchtet werden muss. Wir erwarten vielmehr eine Rückkehr der Spreads auf ihren Einengungspfad, sobald sich die derzeitige Nervosität am Markt gelegt hat.

Europäische Unternehmensanleihen liegen zwar beim Spread, auch aufgrund der jüngsten leichten Ausweitung, noch vergleichsweise deutlich über den Tiefständen der Jahre 2021 und vor allem 2018. Seinerzeit trat die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen ihres Corporate-Bond-Kaufprogrammes als starker Nachfrager auf und führte zu einer massiven Spreadkompression. Doch gerade vor diesem Hintergrund sehen wir die aktuelle Spreadentwicklung als umso beeindruckender an, da die EZB als Käufer weggefallen ist und die Nachfrage somit deutlich breiter aufgestellt erscheint und vor allem eine hohe Nachhaltigkeit aufweist. Schauen wir auf die andere Seite des Atlantiks, sind die tiefen Spread-Niveaus von 2021 und 2018 mittlerweile bereits wieder erreicht – was aber der guten Stimmung aktuell noch keinen Abbruch tut.


Renditedifferenz zu Staatsanleihen bei US-Corporates mittlerweile merklich tiefer …

Quellen: Bloomberg L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 17.06.2024


Besonders erwähnenswert erscheinen uns die zu beobachtenden Spreadeinengungen in den Monaten seit Jahresbeginn – und hier hatte in der Performance im ersten Quartal Europa ganz klar die Nase vorn. Die generell guten Marktbedingungen wurden vor allem ausgelöst durch fallende Inflationsraten und die Erwartung einer sanften konjunkturellen Landung. Volatilität schien fast gänzlich verschwunden. Europäische Unternehmensanleihen zeigten sich stärker nachgefragt, da immer deutlicher wurde, dass die erste Zinssenkung der EZB sogar vor der Fed erfolgen wird. Außerdem bestand (und besteht), wie bereits oben erwähnt, mit Blick auf die historische Spreadentwicklung in Europa durchaus noch Potential nach unten.

Allerdings ist auch zu beachten, dass sich die Renditen nach wie vor auf einem sehr attraktiven Niveau befinden. Insbesondere in den USA sind die Renditen in den vergangenen Monaten vor dem Hintergrund der sinkenden Zinssenkungserwartungen mit Blick auf die Fed tendenziell wieder leicht gestiegen, während hierzulande eher eine Konsolidierung zu beobachten war. Dieser Aspekt konterkariert unserer Einschätzung nach die eher teuren Spreads und ist ein valider Punkt für die auch weiterhin vorhandene Attraktivität der Unternehmensanleihen – in den USA und Europa.

Bei Betrachtung der einzelnen Segmente im Sektor der Unternehmensanleihen fällt vor allen Dingen ins Auge, dass die Spreads von Finanzunternehmen zwar noch einen deutlichen Aufschlag aufweisen, sich dieser seit Mitte des vergangenen Jahres jedoch immer mehr verengt hat. Finanzunternehmen generell und insbesondere Banken haben erheblich unter dem Anstieg der Inflation im Jahr 2022 gelitten. Obwohl sie sich Ende Oktober desselben Jahres stark zu erholen begannen, wurden sie im März 2023 nach dem Zusammenbruch von SVB und Credit Suisse erneut belastet. Aktuell sind die Aussichten für Financials unserer Auffassung nach insbesondere vor dem Hintergrund der zu erwartenden geldpolitischen Entscheidungen und somit der Renditeentwicklung weiterhin gesund, auch wenn es natürlich insbesondere bei diesen Papieren in den vergangenen Tagen eine deutlichere Gegenreaktion gegeben hat. Eine fortgesetzte Angleichung der Spreads kann daher in den kommenden Monaten als durchaus wahrscheinlich angesehen werden. Wir würden Finanzunternehmen gegenüber anderen Unternehmensanleihen aktuell den Vorzug geben, auch, da Banken nunmehr bereits seit einigen Jahren einen positiven Rating-Trend aufweisen. Allerdings müssen die Entwicklungen in Frankreich, insbesondere mit Blick auf Finanzunternehmen, weiter genau beobachtet werden.


… die Renditen bleiben beiderseits des Atlantiks jedoch auf attraktiven Niveaus

Quellen: Bloomberg L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 17.06.2024



2 / Reverse Yankees erleben eine Renaissance


2.1 Etliche US-Emittenten nehmen aktuell die Möglichkeit wahr, in Europa günstiger zu finanzieren

Seit Beginn des Jahres hat sich ein Trend besonders hervorgetan, nämlich hohe Emissionsvolumina von so genannten Reverse Yankees. Unter dieser Bezeichnung sind Anleihen zu verstehen, die von US-Unternehmen ausgegeben werden, jedoch in Euro denominiert sind. 2024 könnten die Volumina unserer Einschätzung nach knapp an die Rekordemissionen von 2019 heranreichen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt wurde seit Jahresbeginn mehr emittiert als im gesamten Vorjahr.

Die Definition von „Yankee-Schulden“ bezieht sich allgemein auf in Dollar denominierte Anleihen, die von nicht-US-Unternehmen ausgegeben werden. „Reverse Yankees“ hingegen sind in Fremdwährung denominierte Schulden von US-Unternehmen, in der Mehrheit der Fälle in Euro. Aktuell sind die Marktkonditionen günstig für solche Emissionen, vor allem, da in Europa deutlich niedrigere Kupons gezahlt werden müssen. Die amerikanischen Unternehmen können unter sehr wettbewerbsfähigen Bedingungen Euro aufnehmen und sie dann unter Zuhilfenahme von Derivaten in Dollar umwandeln, anstatt direkt Dollar aufzunehmen. Allerdings ist dies nicht mehr das vorrangige Ziel sämtlicher Emittenten von Reverse Yankees, etliche haben durchaus auch Euro-Bedarf oder tauschen in ganz andere Währungen wie beispielsweise den Schweizer Franken.

Ein Grund für die starke Präsenz von Reverse Yankees ist die divergierende Geldpolitik in den USA und der Eurozone – das war allerdings auch schon in den vergangenen Jahren der Fall. Insbesondere in der Phase negativer Zinssätze der Europäischen Zentralbank war es für amerikanische Unternehmen möglich, Euro-Emissionen mit sehr niedrigen Kupons zu begeben. Aktuell führt die Divergenz in der Geldpolitik zu Renditen von Euro-Unternehmensanleihen mit Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren, die rund 1,5 bis 2 Prozent unter denen liegen, die für vergleichbare USD-Anleihen gezahlt werden müssen. Zudem sind die Renditen von US-Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Bereich in den vergangenen Monaten tendenziell wieder gestiegen, da Händler ihre Erwartungen an Zinssenkungen durch die Fed fortgesetzt reduziert haben. Im Gegensatz dazu haben sich die Renditen von in Euro denominierten Unternehmensanleihen eher seitwärts bewegt, da die EZB im Juni sogar vor der Fed erstmals die Leitzinsen gesenkt hat. Ein zusätzliches Argument sind die im Euro-Bereich angebotenen Laufzeiten, die mehr Flexibilität bieten als bei USD-Anleihen. Während in den Dollar-Tranchen eher fünf, zehn oder 30 Jahre üblich sind, kann in Euro beispielsweise auch für acht, zwölf oder 20 Jahre aufgenommen werden.

Auch die Notwendigkeit zur Refinanzierung treibt aktuell die Emissionen von Reverse Yankees. Wie bereits oben erwähnt, gab es insbesondere in den Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie hohe Emissionsvolumina. Und viele dieser Anleihen sind bereits fällig geworden, oder werden dies in den kommenden Wochen oder Monaten. Viele US-Emittenten möchten zudem ihre Euro-Finanzierungen aufrechterhalten, da sie ihnen die Möglichkeit bieten, auf ein zusätzliches und somit noch vielfältigeres Anlegeruniversum zuzugreifen. Zu diesem Argument passt auch, dass Debütemissionen von Reverse Yankees in diesem Jahr noch nicht sehr stark herausgestochen sind. Allerdings scheinen etliche US-Emittenten in der Pipeline zu sein, um sich ebenfalls die günstigeren Konditionen auf unserer Seite des Atlantiks zu sichern.

Neben der aktuellen Attraktivität der Konditionen fallen natürlich auch längerfristige Überlegungen ins Gewicht. So kann das Erschließen neuer Märkte und die Diversifikation der Investorenbasis dabei helfen, zukünftig Anleihen an Investoren zu verkaufen, die normalerweise keine in Dollar denominierten Papiere erwerben. Letztlich bleibt die Frage, wie lange die sehr günstigen Finanzierungskonditionen für US-Unternehmen noch Bestand haben werden. Die Angst, etwas zu verpassen, darf bei einigen Emittenten bestimmt auch nicht außer Acht gelassen werden.


Euro-Finanzierungen sind für US-Unternehmen günstig wie noch nie (EUR/USD Basis Swap 2 Jahre)

Quellen: Bloomberg L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 11.06.2024


3 / Zusammenfassung und Ausblick

Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Segment sind aktuell durchaus bereits als teuer zu bezeichnen, vor allem mit Blick auf die vergleichsweise engen Spreads – auch wenn die leichte Gegenbewegung der vergangenen Tage das Bild ein klein wenig verändert hat. Dennoch scheint das aktuelle Umfeld trotz der durch Frankreich ausgelösten kurzfristigen Schwankungen dafür zu sprechen, dass eine nachhaltige Trendumkehr nicht auf der Agenda stehen dürfte. Dafür spricht die Solidität gegenüber nahezu sämtlichen negativen Einflussfaktoren, die auch schon in der jüngeren Vergangenheit zu tendenziell weiteren Spreads hätten führen können – wie beispielsweise geopolitische Spannungen oder auch die sehr hohen Neuemissionsvolumina. Zudem stehen die Renditen noch immer auf durchaus attraktiven Niveaus, so dass unserer Einschätzung nach auch vor diesem Hintergrund eine fortgesetzt rege Nachfrage erwartet werden kann, wenn sich die Lage beruhigt hat.

Wir gehen mit Blick auf die kommenden Monate davon aus, dass es bei den Unternehmensanleihen in den USA und Europa zu einer Verlangsamung der Spreadeinengungen, wenn nicht sogar zu einer Konsolidierung kommen dürfte. Andererseits spricht die vergleichsweise tiefe Zinsvolatilität auf beiden Seiten des Atlantiks dafür, dass zumindest absehbar keine merkliche Gegenbewegung befürchtet werden muss, sondern dass die Spreads sich vielmehr noch länger auf den erreichten tiefen Niveaus bewegen dürften.

Bis zum Ausbruch des Ukraine-Krieges hat der Spread der Euro-Unternehmensanleihen über mehrere Jahre meist unter dem ihrer US-Pendants gehandelt. Seitdem haben die Energiekrise, die deutlich höhere Kriegsgefahr, hohe Inflation und geringes Wirtschaftswachstum die Euro-Märkte merklich beeinträchtigt und zu einer schlechteren Performance der Spreads geführt. Allerdings scheint die Konjunktur hierzulande langsam wieder anzuziehen, und auch die fundamentale Lage der Unternehmensanleihen scheint in den USA nicht mehr unbedingt besser zu sein als in Europa. Die Kombination dieser Faktoren dürfte unserer Einschätzung nach in den kommenden Wochen und Monaten dazu führen, dass sich die Euro-Anleihen nach dem Abflauen der Frankreich-Nervosität besser entwickeln als ihre US-Pendants und sich die Differenz in den Spreads weiter angleichen sollte. Und genau vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage bleibt auch das Umfeld für Emissionen von Reverse Yankees weiterhin attraktiv.

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1. Sämtliche Daten – sofern nicht anders gekennzeichnet – von Bloomberg L.P.; Stand: 17.06.2024

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