Oscar Wilde sagte einst: "Ich habe einen einfachen Geschmack. Ich bin immer mit dem Besten zufrieden."[1] Viele erfolgreiche Anleger, etwa Philip Fisher, verfolgen bei der Auswahl von Qualitätsaktien einen ähnlichen Ansatz. In Zeiten geopolitischer, wirtschaftlicher und technologischer Unwägbarkeiten ist der Gedanke verlockend, die Rendite durch Investitionen in bewährte Gewinner zu steigern.[2]
Offen bleibt dabei, wie man "die Besten" erkennt. Beim Iden-tifizieren hochqualitativer Aktien wird traditionell zwischen offensiven und defensiven Merkmalen unterschieden. Offensive Merkmale sind u.a. anhaltendes Wachstum, Inno-vationsführerschaft und Managementqualität. Defensive Merkmale beinhalten Bilanzstärke, finanzielle Flexibilität und aktionärsorientierte Kapitalallokation. Insbesondere in den letzten 30 Jahren wurden traditionelle Qualitätsmaßstäbe stetig weiterentwickelt und verfeinert. Dennoch gilt, unser Verständnis von Aktien ist noch im Entstehen begriffen.[3]
In den vergangenen zehn Jahren hat der Qualitätsfaktor den Gesamtmarkt geschlagen
Quelle: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 20.11.2023.
Das liegt zum Teil daran, dass eine Kausalitätsbestimmung beim Thema Renditen kompliziert sein kann. Eine gute Börsenperformance kann selbstverstärkend wirken, indem sie hilft, exzellentes Personal anzuziehen, welches wiederum Innovationen und Ergebnisse steigert, was wiederum den Aktienkurs treiben kann. So erschien es etwa Ende der 1990er klug, auf der Suche nach Technologieführern auf frühe Internet-Platzhirsche zu setzen, die einerseits die neuesten Technologien beherrschten, aber andererseits wenig Kapitalbedarf hatten. Extrapunkte gab es vielleicht für feste Kundenbeziehungen und wiederkehrende Einnahmen. Trotzdem hätten Aktionäre führender E-Commerce-Platt-formen Zeiten erheblicher Volatilität zu überstehen gehabt – und sich auf viele Jahre magerer Renditen einstellen müssen.
Umgekehrt kann ein Unternehmen, das lange Zeit hohe Renditen erwirtschaftet hat, plötzlich in Schwierigkeiten geraten. "Nichts scheitert so wie der Erfolg", sagte einst der Wirtschaftswissenschaftler Richard Pascale.[4] Selbst die am besten geführten Unternehmen mit langer Erfolgsgeschichte können dem unterworfen werden, was Clayton Christensen als "The Innovator's Dilemma"[5] bezeichnet hat. "Im Zeitalter der Disruption und des rasanten Strukturwandels sind Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit neben den harten Finanzkennzahlen zentrale Qualitätskriterien", meint Sebastian Werner, DWS Head of Growth Equities, Americas.
Zur Anpassungsfähigkeit gehört, auch in unsicheren Zeiten Investitionen zu tätigen. Geduldige Investoren, die es verstehen, sich auf die nächste Welle vorzubereiten und das Potenzial neuer Chancen frühzeitig zu erkennen, sind im Vorteil. Resilienz erfordert Risikomanagement, sowohl in operativer und finanzieller Hinsicht als auch mittels Diversifizierung. Ebenso wie eine solide Verteidigung eine wirksame Offensive ermöglicht, ist Resilienz eine Grundvoraussetzung für Anpassungsfähigkeit, da sie finanzielle Flexibilität schafft. In Kombination mit einer kontinuierlichen Verbesserung kann dies einen positiven Wirkungskreislauf in Gang setzen, der es den Marktführern ermöglicht, kontinuierlich und unabhängig von den makroökonomischen Umständen an der Spitze zu bleiben.
Um potenzielle Marktführer zu identifizieren, sind qualitative Bewertungen des Managements, der organisatorischen Flexibilität und der Unternehmenskultur erforderlich. Dies erfordert viel Kompetenz und Aufwand. Andererseits waren die Chancen, die sich aus der erfolgreichen Identifizierung langfristiger Gewinner ergeben, angesichts der vielen Unbekannten, die vor uns liegen, selten so groß wie heute.