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- Eine Regel reicht nicht aus
Wann und wie weit die US-Zinsen fallen sollten, ist derzeit eine ziemliche Ermessensfrage
Quellen: Haver Analytics, DWS Investment GmbH; Stand: 04.06.2024
10 Jahre später rückt nun ein weiteres Problem bei der Bindung der Geldpolitik an Regeln deutlich in den Fokus: Sowohl Inflation als auch Wirtschaftswachstum können auf verschiedene Weise gemessen werden und sind anfällig für Datenrevisionen. Wirtschaftsdatenreihen enthalten auch viel zufälliges Rauschen, während einige wichtige Variablen (wie die Produktionslücke) nur geschätzt werden können.
Nimmt man nun die Inflation, gemessen am bevorzugten Maßstab der Fed, dem Kernpreisindex für persönliche Konsumausgaben (PCE), und eine Reihe vernünftiger Annahmen, einschließlich der Präferenz der Fed für Kontinuität, ergibt sich ein auf der Taylor-Regel basierender Leitzins (Federal Funds Rate) von 5,27 Prozent – knapp unter dem aktuellen effektiven Leitzins. Aber wie lange sollte diese Regel noch gelten? Teilweise hängt das davon ab, wie schnell die hohen Zinsen auf den Arbeitsmärkten Wirkung zeigen. In unserem „Chart of the Week“ ziehen wir hierzu nur eine von vielen Möglichkeiten heran, um die Lage am Arbeitsmarkt einzuschätzen und berechnen daraus, wie hoch die Zinsen nun allein auf Basis der Arbeitsmarktentwicklung sein sollten. Nach dieser Berechnung müssten die Zinsen knapp unter 3 Prozent liegen, damit die Arbeitsmärkte mittelfristig zurück ins Gleichgewicht kommen.[1] Wir nehmen dazu an, die Fed habe in vergangenen Zyklen genau die gewünschte Wirkung erreicht und errechnen daraus, wie hoch die Zinsen nun allein mit Blick auf die Arbeitsmärkte sein müssten, nämlich knapp drei Prozent. Dabei haben wir eine engere Version der In unserem Chart of the Week verwenden wir nur eine von vielen Möglichkeiten, die Lage des Arbeitsmarktes einzuschätzen und berechnen daraus, wie hoch die Zinsen nun allein auf Basis der Arbeitsmarktentwicklung sein sollten. Nach dieser Berechnung müssten die Zinsen knapp unter 3 Prozent liegen.
„Unter dem Strich ist die Geldpolitik zwar aus Arbeitsmarktperspektive eindeutig restriktiv, aber die aktuellen Inflationszahlen rechtfertigen noch keine Senkung“, argumentiert Christian Scherrmann, US-Ökonom bei DWS. „Kein Wunder, dass die Fed ausgewogene Risiken sieht und eingehende Daten genau und unvoreingenommen betrachtet.“ In der realen Welt voller Komplexität und Messfehler schien es immer eine schlechte Idee zu sein, die Fed an eine einzige geldpolitische Regel zu fesseln. Das andere Extrem ist jedoch wohl noch schlimmer: Man lässt gewählte Politiker direkt in die Zinsfestsetzung eingreifen, anstatt eine unabhängige Zentralbank zu haben, die sich öffentlich zu einem stabilen Rahmen bekennt und für die Erreichung ihrer geldpolitischen Ziele zur Rechenschaft gezogen wird.