06. Juli 2021 Macro

Digitales Geld | Teil 2

Was digitale Zentralbankwährungen leisten könnten und was nicht

  • Staaten dürfte weiterhin eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der Zukunft von Geld und Zahlungssystemen zukommen. Das zumindest legen die Er-fahrungen der Vergangenheit nahe.
  • Aus der weitgehend vergessenen Geschichte der ersten digitalen Zentral-bankwährung (CBDC) lassen sich einige nützliche Rückschlüsse ziehen.
  • Lehrbücher über die Funktionen von Geld helfen nur bedingt weiter.
Lesezeit

1 / Einleitung


„Geld ist schon immer ein heißes Thema gewesen. Genauso wie Technologie“,


mit diesen Worten beschrieb „The Economist“ 2000 den geradezu überschäumenden Hype, mit dem Mitte der 1990er Jahre die Ankunft verschiedener Arten digitalen Geldes begrüßt wurde:


Einige prognostizierten, dass private elektronische Währungen schnell mit dem Dollar oder der D-Mark gleichziehen könnten. Zentralbanker machten sich Sorgen, dass sie – Gott bewahre! – ihren Platz räumen müssten.[1]

Zwanzig Jahre später sagen viele vielleicht, dass dieses Szenario näher gerückt ist. Wie wir in Teil I feststellten, [CIO Spezial – Digitales Geld (Teil I)], sind Geld und Zahlungssysteme untrennbar miteinander verbunden. Sich Gedanken über das eine zu machen, heißt auch, über das andere nachzudenken. Und zumindest bei den Zahlungssystemen hat sich vieles verändert. Trotzdem scheinen etwaige Existenzängste von Zentralbankern weiter unbegründet. In Territorialstaaten lässt sich in der Regel die Entwicklung des Geldes kaum von der Entwicklung der Staatsmacht trennen. „Geld" war für Territorialstaaten schon immer einfach zu wichtig, um es – oder seine Hüter – überflüssig werden zu lassen.

Die weitgehend vergessene Episode über die ersten Schritte zu einer digitalen Zentralbankwährung veranschaulicht dies deutlich. Danach zeigen wir auf, warum Lehrbücher über die Funktionen von Geld nur bedingt weiterhelfen. Und zum Schluss führen wir das Thema ein, das in Teil III behandelt wird: Zahlungssysteme als soziale Netzwerke neu zu denken.

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2 / Denkst Du an Geld, vergiss die Staaten nicht


Erinnern wir uns an die Anfänge von Papiergeld in China um die Jahrtausendwende. Alles begann mit privaten Schuldscheinen, die durch Edelmetalle gedeckt waren. Bald schon übernahm die Regierung diese Aufgabe (ebenso wie im Westen einige Jahrhunderte später). Unter Wang Anshi, dem damaligen Kaiserlichen Schatzkanzler Chinas, war der Staat plötzlich in der Lage, mit frisch gedrucktem Geld direkt in verschiedene Unternehmen zu investieren oder Kredite zu einem weit unter dem marktüblichen Zins anzubieten. Von fiskalischen Zwängen befreit konnte die Song-Dynastie (960 bis 1279) eine praktisch „proto-keynesianische Wirtschaftspolitik“ betreiben.[2] Neben einigen viel versprechenden Reformen, wie der Abschaffung von Privatmonopolen, begann die Song-Bürokratie, mit frisch gedrucktem Geld großzügig frühe Formen von Sozialleistungen und militärische Abenteuer zu finanzieren. Eine derartige Währung leitet ihren Wert „nur" von Regierungserlassen ab. Sie kann nur überleben und prosperieren, wenn der betreffende Staat dies auch tut. In China dürften diese frühen monetären Experimente zwei Phasen galoppierender Inflation mitverursacht haben – und letzten Endes den Untergang der Song-Dynastie.[3]

Solche geschichtlichen Episoden können einerseits als moralische Lehrstücke verstanden werden. Moderne Kritiker des Fiatgeldes – und ganz allgemein der keynesianischen Wirtschaftslehre der Nachfragestimulierung – sind versucht mit diesem Beispiel aufzeigen, wie Papiergeld den Weg zur Eroberung Chinas durch die Mongolen bereitet haben könnte.[4] Andererseits ist vielleicht die wichtigere Lektion, dass es bei der Frage, ob sich eine monetäre Innovation in einem Territorialstaat durchsetzt, niemals nur darum geht, was privaten Akteuren wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Und auch nicht darum, was vor dem Hintergrund bestehender Institutionen und Technologien politisch machbar ist. Es geht einzig und allein darum, ob dies den politischen Entscheidungsträgern des betreffenden Landes wünschenswert und überhaupt vorstellbar erscheint. Erst dann entwickeln sich Geld- und Zahlungssysteme in der Regel auf der Grundlage von Versuch und Irrtum, wobei die Ergebnisse in jeder Phase „nicht bewusst auf bestimmten Gründen aufbauten“, um Walter Bagehots drastische Formulierung zu verwenden. (Teil I unseres CIO Spezials)

Wenn Ökonomen über die Geschichte des Geldes nachdenken, ist es nicht immer leicht ihnen zu folgen. Aber nicht einmal in der westlichen Zivilisation entstand Geld durch das Prägen wertvoller Münzen spontan deshalb, um die Transaktionskosten zu verringern.[5] Als in den letzten Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung in Europa und im Vorderen Orient die ersten Metallmünzen geprägt wurden, mag dies als eine rein technische Innovation erscheinen. Aber von der ersten Stunde an waren standardisierte Münzen – die in der Regel unter staatlicher Aufsicht geprägt wurden – auch zutiefst politische Projekte.[6] Sehr schnell wurden Münzen von den Herrschenden dazu benutzt, ihre Autorität zu festigen, den Handel zu erleichtern und Steuern einzutreiben. So lässt sich durchaus argumentieren, dass das System Roms, zuerst seine italienischen Verbündeten und später allen eroberten Provinzen Geldsteuern aufzuerlegen, die wirtschaftliche Integration förderte: „Die Nettozahler unter den Provinzen mussten durch den Export von Gütern im selben Wert an das restliche Imperium Geld verdienen, mit dem sie ihre Steuern bezahlen konnten.“[7] Derartige Effekte sind in der Regel indirekt und weitgehend unbeabsichtigt. Dennoch ist die Vorstellung, dass eine Vereinheitlichung der Währung die Integration fördern kann, wohl eines der einfacheren ökonomischen Konzepte, die politische Entscheidungsträger intuitiv verstehen. Es war sicherlich einer der Hauptgründe für die Einführung der gemeinsamen Währung in Europa, durch die die größte Währungszone auf dem Kontinent seit der Römerzeit geschaffen wurde. Dies unterstreicht wiederum die Verbindung zwischen staatlicher Macht, territorialer Kontrolle und Geld.

Das trifft auch nicht nur auf den modernen Euro oder auf die frühen „Zahlungsmittel" zu – Metallmünzen –, die in der Alten Welt Fuß fassten. Prägnante Beispiele, die völlig anders als die der frühen Staaten in Europa und Asien sind, kommen in den präkolumbischen Reichen des alten Mesoamerika vor. Zur Überraschung ihrer europäischen Eroberer verwendeten die Maya, Inka und Azteken Waren wie Kakaobohnen und nicht Gold oder Silber als „Zahlungsmittel" – sofern es in der "Neuen Welt" überhaupt ein genaues Gegenstück zu diesem Konzept gab.[8] Diese Beispiele zeigen auch, dass die Entscheidung, welche Güter am besten den Zweck eines gemeinsamen Tauschmittels erfüllen könnte, in der Regel doch etwas komplizierter ist, als es die Beschreibungen westlicher Lehrbücher über die Funktionen von Geld vermuten lassen.[9] In Mesoamerika hat wohl die Geographie – die Entfernung zwischen großen Wohlstands- und Machtzentren und den Anbaugebieten für Kakao oder Fundstellen von Gold – eine entscheidende Rolle gespielt. Noch entscheidender war aber die Macht des Staates. Bei den Inka und Azteken bestanden „Handels- und Zahlungssysteme" weitgehend aus Steuern und Tributen, mit denen im Grunde genommen imperiale Stadtstaaten großräumige Gebiete belegten. Zu diesen Tributen gehörten Zwangsarbeit, seltene Federn, Kakaobohnen, wertvolle Kleider und wohl eine ganz Reihe anderer Dinge, die unter den Eliten der herrschenden Stadtstaaten begehrt waren.[10]

Bei der Entwicklung des Geldes lassen sich reale oder mögliche Wendepunkte sowohl im Bereich politischen Handelns als auch der Theorie finden.

Über solch – nur aus europäischer Sicht – ungewöhnliche Beispiele und ihre Auswirkungen nachzudenken hilft auch die „vielen singulären Ereignisse" und deren Konsequenzen, die Bagehot erwähnte, aufzuspüren. Schon bald wird deutlich, dass sehr wenig in der Geschichte des Geldes (oder auch in jedem anderen Aspekt menschlichen Daseins) so vorhersehbar, geschweige denn unvermeidbar ist, wie ein Theoretiker auf den ersten Blick denken mag. So könnte man sich zum Beispiel in der Tat leicht vorstellen, dass Seefahrer der Inka und Azteken Europa „entdecken" und erobern anstatt umgekehrt.[11] Die Schuldscheine des frühen Bankensystems hätten in so einem Szenario durchaus mit Kakaobohnen gedeckt sein können. Vielleicht wäre Geld heute immer noch mit Rohstoffen gedeckt – aber gebunden an einen Korb essbarer Güter und nicht an Gold und Silber.[12]

Solche historisch kontrafaktischen Geschichten haben nicht nur Unterhaltungswert. Sie erfüllen auch einen sehr nützlichen Zweck: Sie regen die Phantasie an und erweitern den Horizont, anstatt nur über technologische Fortschritte bei der Produktion bestimmter Tauschgüter oder Zahlungssysteme nachzudenken.[13] Bei der Entwicklung des Geldes lassen sich reale oder mögliche Wendepunkte sowohl im Bereich politischen Handelns als auch der Theorie finden. Aus der Geschichte lassen sich nur dann nützliche Rückschlüsse ziehen, wenn das politische Umfeld berücksichtigt wird. Ein Beispiel: Unter welchen Umständen könnten durch die Existenz konkurrierender Staaten in unmittelbarer Nachbarschaft fiskalische Zwänge entstehen, sollten die Herrschenden der Versuchung erliegen, ihre Währung abzuwerten – das heißt, den Edelmetallgehalt ihrer Münzen zu verringern? Die frühe europäische Geschichte der Neuzeit steht in einem interessanten Gegensatz zu den Ereignissen im China der Song-Dynastie.[14] Für an kontrafaktischen Geschichten interessierte Zentralbanker mit einem kürzeren Zeithorizont bietet sich ein weiteres Beispiel an. Wie bereits erwähnt gab es in den 1990er und frühen 2000er Jahre zahlreiche innovative, elektronische Währungen. Dabei handelte es sich meist um private Systeme, mit einer bemerkenswerten Ausnahme.

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3 / Wie alles begann: die erste digitale Zentralbankwährung


Im amerikanischen Technologiemagazin Wired stand zu lesen:

„Die nahende Ankunft von E-Geld sollte doch eigentlich verlangen, dass sich die Regierungen der Welt zusammensetzen und geordnet ein System einführen. Aber genau das passiert nicht. Besonders die Vereinigten Staaten geben sich völlig ahnungslos. Als ich einen Sprecher der Federal Reserve anrief und nach elektronischem Geld fragte, machte er sich über mich lustig. Es war so, als hätte ich nach dem Wechselkurs mit UFOs gefragt. Als ich insistierte, er möge sich doch informieren, rief er mich nach einigen Tagen mit dieser offiziellen Auskunft an: Die Federal Reserve tue nichts in diesem Bereich.“[15]

Der Fairness halber sei hinzugefügt, dass dieses Gespräch 1994 stattfand. Wired war ein im Vorjahr gegründetes Medien-Start-up. Und die erste digitale Zentralbankwährung der Welt – elektronisches Geld für jeden, der es will, direkt gestützt von einer etablierten Zentralbank? Falsch geraten – sie war nicht Thema eines Science-Fiction-Romans. Bereits zwei Jahre früher hatte sie die finnische Zentralbank an den Start gebracht, 16 Jahre bevor überhaupt irgend jemand etwas von Bitcoins gehört hatte und mehrere Jahre, bevor Nick Szabo seine Gedanken über sein „Bit Gold" entwickelte.[16]

Nicht nur aus frühen Formen privaten E-Geldes, sondern auch aus dem weitgehend vergessenen finnischen Projekt und besonders seinem Ende lassen sich auch heute noch wertvolle Lehren sowohl für „Digital Natives" als auch die ältere Generation ziehen. Damals, in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren, war die finnische Zentralbank ein recht einsamer Pionier unter den Zentralbanken.

Zum ersten Mal überhaupt wurde eine digitale Zentralbankwährung „im Dezember 1992 verwendet, als das Vorstandsmitglied der finnischen Zentralbank, Harri Holken, das erste Telefongespräch mit der Avant-Karte bezahlte".(S. 5)[17] Der Geldwert wurde auf der Karte selbst gespeichert, ohne Möglichkeit nachzuverfolgen, wer welche Karte hatte oder wie viel Geld auf einer Karte noch gespeichert war. Aus der Sicht eines typischen Nutzers war eine Avant-Karte einer Geldbörse voller Münzen ziemlich ähnlich – nur war die Avant-Karte nicht so schwer und brauchte weniger Platz. Sie erforderte keine (geschweige denn eine permanente) Internetverbindung. Die Idee dahinter war, „die Smart-Card-Technologie beim Parken, für Telefonzellen und andere Zahlungssituationen mit Kleinbeträgen" zu verwenden. „Um eine unnötige Fragmentierung zu verhindern und ein ausreichendes Sicherheits- und Kontrollniveau zu garantieren, entschloss sich die finnische Zentralbank zur Übernahme einer führenden Rolle." (S. 3) Nutzer konnten mit einem Guthaben aufgeladene Smartcards kaufen und bei Bedarf neu aufladen. Die Karte wurde über „eine führende Lebensmittelkette" vertrieben. (S. 6)

Damals, in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren, war die finnische Zentralbank ein recht einsamer Pionier unter den Zentralbanken.

Kurz gesagt, das „erste CBDC-System der Welt" entstand mehr oder weniger durch Zufall.

Der öffentliche Sektor übernahm ursprünglich deshalb die Führung, um mehrere miteinander konkurrierende Systeme zu vermeiden, die zu Überinvestitionen und unzureichenden Standards hätten führen können. Der Grund, warum die finnische Zentralbank dieses System anfangs – in ihrer eigenen Bilanz – selbst betrieb, bestand darin, dass sich die Geschäftsbanken Finnlands damals (nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der eine starke Rezession auslöste) in einer Krisensituation befanden. Nachdem sich der Bankensektor nach etwa drei Jahren wieder erholt hatte, beschloss die Zentralbank, dieses Geschäft auszulagern und an die Geschäftsbanken zu verkaufen. Schließlich hatte sie diese führende Rolle eigentlich nie übernehmen wollen. Geschäftsbanken boten dann schnell kombinierte Karten an, bei denen eine physische Karte drei verschiedene Funktionen erfüllte: Kreditkarte (bei der das Konto später belastet wird), Debitkarte (bei der das Konto des Nutzers sofort belastet wird) und Avant (quasi E-Geld, das offline ohne Authentifizierung verwendet werden konnte).

Dieses System stieß an seine Grenzen, als Debitkarten so konkurrenzfähig wurden, dass sie ihren Kunden ähnliche Vorteile anbieten konnten (einschließlich verbesserter Sicherheitsmerkmale), und dies (auch zur Bezahlung von Kleinbeträgen) zu geringeren Kosten als Avant.[18] Interessanterweise wurde keine der neuen Zahlungstechnologien dem Hype der Zeit der E-Geldkarten gerecht (ob nun staatlich oder privat). Alle blieben weit davon entfernt, Bargeld in kürzester Zeit zu ersetzen. „Nach einigen Prognosen würde mit dem E-Geld innerhalb weniger Jahre Bargeld praktisch völlig verschwinden. (...) Der Umgang mit Bargeld war ein teures Unterfangen, und jede Lösung zur Reduzierung dieser Kosten wäre willkommen. Man war allgemein davon ausgegangen, dass zumindest Münzen weitgehend durch E-Geld ersetzt werden würden (...).  Die meisten dieser Prognosen stellten sich im Lauf der Zeit als maßlos übertrieben heraus.“ (S. 9)

Kurz gesagt, das „erste CBDC-System der Welt" entstand mehr oder weniger durch Zufall. Wenn uns die Geschichte virtueller Währungssysteme der letzten 30 Jahre eines lehrt, dann dieses: Viele der kühneren Prognosen – im Guten wie im Schlechten – dürften sich als überzogen erweisen.[19] In Finnland ist das Endergebnis, beinahe 30 Jahre später, ein inländisches Zahlungssystem, das sich nicht grundlegend von anderen Systemen, zumindest denen seiner nordischen Nachbarländer, unterscheidet. Daraus lässt sich einiges für die jetzt geplanten digitalen Zentralbankwährungen lernen.

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4 / Lehrbücher über die Funktionen von Geld helfen nur bedingt weiter


Wir haben bereits aufgezeigt, dass in modernen Volkswirtschaften „Geld" jeglicher Art untrennbar mit Zahlungs- und Abrechnungssystemen verbunden ist und auch Staaten niemals außer Acht gelassen werden dürfen. Die Erfahrungen mit der Avant-Karte unterstreichen beide Punkte. Die Gründe, warum Finnland plötzlich mit dem (zumindest für einige Zeit) ersten und (für lange Zeit) einzigen digitalen Zentralbankwährungssystem dastand, betonen auch die Rolle historischer Zufälle.

Diese Geschichte könnte man aber auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten, der aus Ökonomielehrbüchern vertrauter erscheinen mag. Die Avant-Karte und verschiedene private E-Geldsysteme verloren einfach gegenüber besseren Zahlungstechnologien. Ein Ökonom mag dieses Ergebnis für unvermeidlich halten, beinahe unabhängig davon, was die finnische Zentralbank oder andere staatliche oder private Akteure ab Anfang der 1990er Jahre unternahmen. Diese Argumentation, dass verfügbare Technologien und Ressourcen praktisch automatisch bestimmen, wie Güter und Dienstleistungen produziert bzw. bezahlt werden, hat eine lange Tradition in der wirtschaftswissenschaftlichen Theorieentwicklung.

„Es gibt kein Bevölkerungszentrum, das nicht an den Anfängen der Zivilisation einen starken Wunsch und großes Verlangen nach Edelmetallen verspürt hätte"

„Geld ist nicht per Gesetz entstanden. Seinem Ursprung nach ist es eine gesellschaftliche und nicht eine staatliche Institution.“

argumentierte Menger (S. 252 und S. 255)

Carl Menger stellte die These auf, dass Edelmetalle etwas Besonderes seien und Gold und Silber daher besonders gut als frühe Zahlungsmittel geeignet waren. „Es gibt kein Bevölkerungszentrum, das nicht an den Anfängen der Zivilisation einen starken Wunsch und großes Verlangen nach Edelmetallen verspürt hätte", argumentierte Menger (S. 252) und fährt fort: „Geld ist nicht per Gesetz entstanden. Seinem Ursprung nach ist es eine gesellschaftliche und nicht eine staatliche Institution.“ (S. 255)[20] Wie wir sehen konnten, stellen sich derartig allgemein gehaltene Aussagen bei näherer Betrachtung häufig als historisch zweifelhaft oder sogar als unrichtig heraus. Weder der menschliche Instinkt noch ein Naturgesetz besagt, dass Gold einen höheren Wert hat als Silber.[21] Den Wert eines Goldklumpens einzuschätzen ist zudem ohne eine Menge sehr spezieller Kenntnisse nur schwer möglich – wesentlich schwerer als beispielsweise die Bewertung der Qualität eines Sacks Kakaobohnen.

Dennoch lohnt sich immer wieder die Frage, warum egoistische Individuen ein System, wie wir es heute haben, erfunden haben. Welche wirtschaftlichen Probleme wollten sie lösen? Welche Rohstoffe hätten beispielsweise in einer frühen, auf Tauschhandel basierenden Wirtschaft nützlich sein können? Welche Hinweise bieten historische Aufzeichnungen? Und lassen sich vielleicht von frühen „Geldern" und Zahlungsmitteln einige allgemeine Eigenschaften ableiten, die noch heute relevant sind? Moderne Lehrbücher beantworten diese Frage in der Regel mit den drei Funktionen, die erfüllt sein müssen, um als „Geld" infrage zu kommen:

  • die Funktion als Wertspeicher, die es Individuen erlaubt, Kaufkraft vom heutigen Tag auf ein künftiges Datum zu übertragen;
  • die Funktion als Tauschmittel, mit dem andere Güter und Dienstleistungen gekauft werden können;
  • die Funktion als Recheneinheit oder Wertmaßstab, um den Wert aller anderen Güter und Dienstleistungen zu messen.

 

Für jede dieser Funktionen lassen sich verschiedene Güter finden, von denen einige allen drei Funktionen gerecht werden könnten. Aber es scheint relativ wenige Dinge zu geben, die die Kernfunktion von Geld als Wertmaßstab erfüllen können. Dazu muss das betreffende „Zahlungsmittel" als mögliches Tauschmedium von den meisten anderen Personen, mit denen ein Individuum interagiert, akzeptiert werden, und zwar nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft. Oder anders gesagt: Das betreffende „Zahlungsmittel" muss seinen Wert behalten. Vieles kann wiederum als Wertspeicher dienen – im Grunde genommen alles, was haltbar ist und in Zukunft sowohl knapp als auch nützlich sein dürfte. Ein Haus oder ein Acker sind zum Beispiel in der Regel sehr effektive Wertspeicher. Sie sind allerdings nicht so gut geeignet, um damit andere Güter und Dienstleistungen zu kaufen.

„In mehreren Sprachen entspricht das Wort für Geld der Bezeichnung eines Viehs oder Haustiers. Schließlich leitet sich pecunia, das lateinische Wort für Geld, von pecus, also Vieh, ab."

William Stanley Jevons 1875 „Money and the Mechanism of Exchange" (Geld und Geldverkehr, Leipzig 1876)

Als Tauschmittel wäre Vieh vielleicht etwas besser geeignet. William Stanley Jevons stellt in seinem 1875 veröffentlichten bahnbrechenden Buch „Money and the Mechanism of Exchange" (Geld und Geldverkehr, Leipzig 1876), fest: „In mehreren Sprachen entspricht das Wort für Geld der Bezeichnung eines Viehs oder Haustiers. Schließlich leitet sich pecunia, das lateinische Wort für Geld, von pecus, also Vieh, ab."[22] Vieh hat allerdings den Nachteil, dass es nicht so leicht teilbar ist. Ein Stück Stoff könnte besser geeignet sein, hat aber vielleicht den Nachteil, nicht so lange haltbar zu sein und würde zerschnitten wohl einen Teil seines Werts einbüßen (wodurch sich sein Nutzen und somit die Nachfrage bei einem künftigen Tauschhandel verringern würde). In diesem Sinn sind weder ein Stück Vieh noch ein Stück Stoff so gut geeignet wie zum Beispiel Zigaretten, Münzen – oder auch Kakaobohnen.

Diese Logik kann in einem gewissen Umfeld hilfreich sein, wenn zum Beispiel spontan ein neues Tauschmittel auftaucht – wie Zigaretten in einem Kriegsgefangenenlager.[23] Dennoch sollte man nicht vergessen, dass zu anderen Zeiten und an anderen Orten andere Individuen andere Entscheidungen treffen werden, auch wenn es um private „Zahlungsmittel" geht. Kriegsgefangene haben wohl nach ihrer Freilassung in kürzester Zeit zurück zu konventionelleren „Währungen" gewechselt. Sobald zudem Staaten ins Spiel kommen, gibt es keine stichhaltigen Gründe, warum diese drei Funktionen aus dem Lehrbuch unbedingt gemeinsam erfüllt werden müssen.

Mit neuen Technologien rückt der Gedanke näher, dass diese Funktionen neu geordnet, durcheinander gewürfelt oder ganz aufgelöst werden. Dies war zweifelsohne bei so frühen digitalen Innovationen wie der Avant-Karte der Fall. Für die meisten Nutzer dürfte sie wie ein Zahlungssystem aussehen. Sie ist fast ein Ersatz für eine Debitkarte oder für die seit einiger Zeit von Mobilfunkunternehmen oder Banken angebotenen Optionen, eine mit Guthaben aufgeladene Smartcard oder Smartphone-Wallet für kleinere Zahlbeträge zu verwenden. Das alles stimmt. Aber technisch gesehen und nach heutigen Definitionen war Avant auch eine digitale Zentralbankwährung: Geld, das direkt von der Zentralbank gesichert und auf smarten Zahlungskarten digital gespeichert wurde. Wie bei Kleingeld oder kleineren Banknoten gab es anfangs keine Möglichkeit, den rechtmäßigen Besitzer zu identifizieren. So wurde Avant zu einem geeigneten anonymen Tauschmedium für kleine Transaktionen – aber eine möglicherweise sehr riskante Art, einen großen Teil seines Vermögens zu speichern, sollte die Smartcard nicht richtig funktionieren.

Oder um das andere Extrem zu nehmen, die bezaubernde Kurzgeschichte von Mark Twain über die Eine-Million-Pfund-Note (die heute etwa 130 Millionen wert wäre): Sie scheint für ihren Besitzer als Tauschmittel höchst ungeeignet. Allerdings erfüllt sie ihre Funktion als temporärer Wertspeicher und gibt Henry, dem Protagonisten der Erzählung, den Anstrich, sehr reich zu sein. Mark Twains Kurzgeschichte ist deshalb so genial, weil sie die traditionelle Hierarchie der „drei Funktionen des Geldes" aus dem Ökonomielehrbuch auf den Kopf stellt. So offenbaren sich dem Leser einige weitere und neue Funktionen.

Mark Twains Kurzgeschichte ist deshalb so genial, weil sie die traditionelle Hierarchie der „drei Funktionen des Geldes" aus dem Ökonomielehrbuch auf den Kopf stellt.

Henry entdeckt sehr schnell, dass jeder, den er trifft, angefangen vom Schneider, den er aufsucht, um neue Kleider zu bekommen bis zu dem einfachen Speisehaus, in dem er seine erste Mahlzeit einnimmt, ihm übereifrig Zahlungsaufschub gewährt, sobald er seine Banknote zeigt. Schon bald schreibt die Londoner Presse über den „Mann mit der Million in der Westentasche". „Da kam ein Knalleffekt, der mit einem Schlage das vergängliche Blech der Berühmtheit in das gediegene Gold des Ruhmes verwandelte: Im Punch erschien eine Karikatur von mir. Ja, jetzt war ich ein gemachter Mann; jetzt war mir mein Rang gesichert.“[24]

Keiner seiner neuen Bekannten gibt sich damit zufrieden, dem vermeintlichen Millionär nur Zahlungsaufschub zu gewähren – jeder versucht, Henry Geld zu leihen und sucht seinen Rat in finanziellen Angelegenheiten. Besonders in der Frage, ob eine Goldmine, für die einer seiner amerikanischen Freunde ohne Erfolg nach Investoren sucht, ein lohnenswertes Unternehmen ist. Mit seinem Reichtum und seiner Berühmtheit findet Henry im Gegensatz zu seinem Freund überall Gehör. Das sind genau die menschlichen Elemente, die so wichtig sind und die bei den Berichten über die geschichtliche Entwicklung von Geldsystemen meist unbeachtet bleiben. Sie verweisen auch auf einen extrem wichtigen Aspekt: Zahlungssysteme als soziale Netzwerke neu zu begreifen. Mit diesem Thema wollen wir uns in Teil III befassen.

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5 / Fazit und Ausblick


Stellen wir uns eine Welt mit physischen Banknoten vor, deren historische Wurzeln sich aber leicht von denen der Banknoten, die wir heute verwenden, unterscheiden. In Abschnitt 2 des zweiten Teils dieses CIO Spezials hoben wir besonders hervor, nie die Staaten zu vergessen, wenn wir über Geld nachdenken. Das ist wohl insgesamt klug, unabhängig davon, ob Geld digital ist oder nicht. Die westliche Geschichte des Geldes führt zu dem Schluss, dass Staaten eine maßgebliche Rolle dabei spielten, aus Edelmetall gefertigte Münzen zu verwenden. Daneben entwarfen wir in diesem Abschnitt aber auch kontrafaktische Szenarien: Gedankenspiele, wie und warum sich die Dinge in der Vergangenheit hätten anders entwickeln können oder dies in Zukunft tun könnten.

Wir beschrieben die spannende Möglichkeit einer leicht veränderten und durchaus plausiblen Version der Weltgeschichte, bei der Seefahrer der Inka und Azteken Europa „entdecken" und erobern anstatt umgekehrt. Das hätte wiederum dazu führen können, dass die ersten Schuldscheine durch eine essbare Handelsware wie Kakaobohnen gedeckt gewesen wären. Und auch heute könnten wir immer noch Geld haben, das sich auf einen festgelegten Korb aus Gütern und Dienstleistungen stützt, anfangs an essbaren Waren ausgerichtet. Dieser Korb hätte sich wohl im Laufe der Geschichte verändert, mit mehrmaligen Unterbrechungen und Neujustierungen der Wertbindung, ähnlich wie dies beim Goldstandard der Fall war.

Die westliche Geschichte des Geldes führt zu dem Schluss, dass Staaten eine maßgebliche Rolle dabei spielten, aus Edelmetall gefertigte Münzen zu verwenden.

Hätte diese geschichtliche Reise die aktuelle Geldpolitik stark verändert? Da das Zentralbankensystem in den letzten Jahren recht gut funktioniert hat, wohl nicht sehr viel. Immerhin versprechen die heutigen Zentralbanken, den Wert ihrer Währung im Vergleich zu einem festgelegten Korb aus Waren und Dienstleistungen, bekannt als Verbraucherpreisindex, stabil zu halten. Sehr unterschiedliche historische Pfade hätten möglicherweise zu einem sehr ähnlichen Ergebnis geführt.

Wäre die Geschichte damit beendet? Nicht unbedingt. In Abschnitt 3 geht es um die Anfänge der ersten digitalen Zentralbankwährung der Welt vor dem Hintergrund privatwirtschaftlicher Innovationen in den 1990er Jahren. Wie hätte in einem noch weitgehend vordigitalen Zeitalter, sagen wir in den 1980er Jahren, eine vollständig private globale Währung entstehen können? Und hätte sie eine Zukunft gehabt? Auf diese Frage werden wir in Teil III zurückkommen und aufzeigen, wie ein derartiges System die drei in Abschnitt 4 beschriebenen Funktionen als Wertspeicher, Tauschmittel und Recheneinheit hätte erfüllen können.

Wir haben allerdings auch gezeigt, dass Lehrbücher über die Funktionen von Geld nur bedingt weiterhelfen. Ob in der Vergangenheit oder in der Zukunft: Die tatsächliche Einführung und der Erfolg von alternativen Zahlungsmitteln erfordern viel Fantasie, nicht nur bei den politischen Entscheidungsträgern, sondern auch innerhalb der Gesellschaften.

Dies zeigt die Notwendigkeit, Zahlungssysteme als soziale Netzwerke neu zu denken – der nächste Baustein unserer Abhandlung.

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Zu allen Artikeln

1. https://www.economist.com/finance-and-economics/2000/02/17/e-cash-20

2. Zhao, X.; Drechsler, W., „Wang Anshi’s economic reforms: proto-Keynesian economic policy in Song Dynasty China“, Cambridge Journal of Economics, Band 42, Heft 5, September 2018, Seiten 1239–1254, https://doi.org/10.1093/cje/bex087

3. S. Lui, Francis T. 1983. Cagan’s Hypothesis and the First Nationwide Inflation of Paper Money in World History. Journal of Political Economy 91, No. 6: S. 1067–1074. https://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/261201;

4. Anzumerken ist, dass dies über 200 Jahre später geschah, nachdem Wang Anshi in Ungnade gefallen war. Sollte also ein kausaler Zusammenhang bestehen, so sprechen wir über wirklich lange und variable Zeiträume von einer geldpolitischen Entscheidung bis hin zu den letztendlichen Auswirkungen. Interessante Versuche, dies zu untermauern, sind zu finden bei: Onge, P. (2017) How Paper Money Led to the Mongol Conquest https://www.independent.org/pdf/tir/tir_22_2_09_stonge.pdf

5. https://www.economist.com/finance-and-economics/2012/08/18/on-the-origin-of-specie

6. Ein prägnanter Überblick ist zu finden bei: Goodhart, C. (1998) „The two concepts of money: implications for the analysis of optimal currency areas“, European Journal of Political Economy, Band 14, Heft 3, S.. 407-432. https://modernmoneynetwork.org/sites/default/files/biblio/goodhart_-_two_concepts_of_money.pdf

7. Hopkins, K. (1980). Taxes and Trade in the Roman Empire (200 B.C.-A.D. 400). The Journal of Roman Studies, 70, 101-125. doi:10.2307/299558; S. 101

8. Besonders zu Kakobohnen siehe https://www.sciencemag.org/news/2018/06/maya-civilization-used-chocolate-money;

9. Einen guten historischen Überblick über die in den verschiedenen Teilen der Welt als Währung verwendeten Güter und die bloße Vielzahl an „Zahlungssystemen“ (einschließlich riesiger Steinplatten auf der Südpazifikinsel Yap als früher Distributed Ledger) bietet:http://archive.nytimes.com/www.nytimes.com/packages/html/magazine/2013/innovations-issue/#/?part=currency;

10. Leider ist ein Großteil dieses Wissens verloren gegangen, sodass klare Vergleiche mit den Reichen der Alten Welt nur schwer zu ziehen sind. S. besonders: Restall, M. (2003) Seven Myths of the Spanish Conquest. Oxford University Press, and Hill Boone, E. (1994). The Aztec World. Montreal: St Remy Press

11. Genau dies macht Laurent Binet in seinem 2019 veröffentlichten Roman. Seine – durchaus vertretbare– Hypothese ist eine andere Verbreitung von Pathogenen während der Jahrhunderte vor dem Konflikt. In Binets alternativer „Weltgeschichte“ legten die Wikinger den ganzen Weg bis nach Mesoamerika zurück und brachten bestimmte Technologien und, viel wichtiger, Krankheitserreger mit, sodass die indigene Bevölkerung immun gegenüber Krankheiten wurde, die bei Europäern schon weit verbreitet waren. Binet, L. (2019) Civilizations (Grand Prix du Roman de l'Academie Francaise), French & European Pubns, ISBN-13 : 978-1547909445; 2020 auf deutsch erschienen: Eroberung. Übers. Kristian Wachinger. Rowohlt, Hamburg, ISBN 978-3-498-00186-5.

12. Mehr dazu, wie ein Korb aus essbaren Waren als internationaler Währungsstandard dienen könnte, in dem folgenden klassischen Beitrag über das Konzept der „Burgernomics“: https://www.economist.com/news/2015/01/23/on-the-origins-of-the-hamburger-standard

13. Tetlock, P., Lebow, R. und Parker, N. (2006) “Unmaking the West: ‘What-If?’ Scenarios That Rewrite World History, University of Michigan Press, ISBN: 978-0472031436

14. Zum Beispiel wurde die Bank of England 1694 als Institution gegründet, die wir heute als zweckgebundene, privat finanzierte Zweckgesellschaft bezeichnen würden, um der Regierung die Geldaufnahme zu ermöglichen. Nach Jahrzehnten politischer Instabilität galt die Regierung Englands nämlich nicht als ausreichend kreditwürdig, um selbst Kredite aufzunehmen. Siehe Bagehot, W.  (1873) Lombard Street: A Description of the Money Market, Kapitel 3, unter: http://www.gutenberg.org/cache/epub/4359/pg4359.html

15. Steven Levy, E-Money (That’s What I Want), Wired - 12/01/1994 unter https://www.chaum.com/ecash/articles/1994/Wired/12-01-1994%20-%20E-Money%20(That_s%20What%20I%20Want).pdf

16. https://nakamotoinstitute.org/bit-gold/

17. Im letzten Jahr fasste die finnische Zentralbank einige der Lektionen für den Rest der Welt in einem noch weitgehend unbeachteten Bericht zusammen, auf den sich die nachfolgenden Ausführungen größtenteils stützen https://helda.helsinki.fi/bof/bitstream/handle/123456789/17590/BoFER_8_2020.pdf; frühere detaillierte Berichte der finnischen Zentralbank sind auch zu finden unter: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/211994/1/bof-rdp2004-027.pdf und https://helda.helsinki.fi/bof/bitstream/handle/123456789/7955/107277.pdf

18. Es lässt sich in der Tat argumentieren, dass Avant durch hohe Kosten und mangelhafte Nutzerfreundlichkeit von Anfang an schlecht aufgestellt war – und ähnliche Fragen zu den aktuellen CBDC-Projekten stellen. Siehe https://davidgerard.co.uk/blockchain/2020/01/25/avant-card-a-central-bank-digital-currency-from-1990s-finland/

19. Eine wunderbare Sammlung von Presseberichten ist zu finden unter: https://www.ft.com/content/2a2f5d98-4269-310d-8ae4-4f25457bf9af Am besten gefallen uns die beiden Artikel von 1999 und 2000 im Guardian: „Aber wenn Unternehmen ihre Rechnungen untereinander elektronisch begleichen können, ohne das Bankensystem nutzen zu müssen, dann haben die Zentralbanken die Kontrolle über die Schalthebel der Wirtschaft verloren. Digitale Zahlungssysteme werden es den Unternehmen ermöglichen, Vermögen unverzüglich, ohne Ausfallrisiko, zu übertragen.“ (4. November 1999). Und: „Hayeks Traum, dass Unternehmen Regierungen das Recht, Geld zu drucken, streitig machen, könnte Realität werden.“ (17. August 2000)

20. Menger, C. (1892) On the Origins of Money”, The Economic Journal. Zu finden unter: https://is.muni.cz/el/1456/podzim2009/MPE_MOEK/um/8972262/menger1892.pdf

21. Siehe zum Beispiel: Ridley, Matt (1998) The Origins of Virtue: Human Instincts and the Evolution of Cooperation, Penguin Books, ISBN: 978-0140264456 Es enthält unter anderem eine kurze, aber faszinierende Geschichte (S. 204ff) über die Treiber der Gold- und Silberpreise in Europa und der islamischen Welt vom Anfang des Mittelalters über die Kreuzzüge bis hin zur Entdeckung großer Gold- und Silbervorkommen in Lateinamerika ab 1500. Offensichtlich schlagen sich hier ganz einfach unterschiedliche Präferenzen der einzelnen Gruppen nieder, welches Edelmetall sie als besonders wertvoll betrachtete.

22. Jevons, W. (1876) Money and the Mechanism of Exchange, D. Appleton und Co. Kap.. 4; zu finden unter: https://oll.libertyfund.org/title/jevons-money-and-the-mechanism-of-exchange#Jevons_0191_229 In diesem Buch werden auch die drei oben erwähnten Funktionen von Geld eingeführt:  Ein Tauschmittel, eine allgemeine Wertmaßeinheit (= Abrechnungseinheit oder gemeinsamer Nenner) und ein Wertspeicher, obwohl er noch einige andere Funktionen erwähnt, vor allem dass Geld als „Wertstandard“ dienen soll. Hier meinte Jevons, dass man, um etwas verleihen und Zinsen verlangen oder erhalten zu können, eine besondere Art von Gut benötigt, das man auch „in Zukunft gegen viele andere Güter in beinahe unverändertem Verhältnis eintauschen kann“ (Kapitel 3).

23. Ein faszinierendes Beispiel für eine Zigarettenwährung liefert Radford (1945), der schreibt: „Auch wenn Zigaretten als Währung gewisse Eigenheiten aufwiesen, erfüllten sie alle Funktionen einer Metallwährung. Sie waren eine Recheneinheit, ein Wertmaßstab und ein Wertspeicher und hatten auch sonst die meisten Eigenschaften einer Metallwährung. Sie waren homogen, ausreichend haltbar und von einer geeigneten Größe – einzelne Zigaretten für die kleinsten und ganze Päckchen für die größten Transaktionen. Nebenbei konnten sie zerschnitten oder zerdrückt werden, sodass Tabakkrümel herausfielen, wenn man sie zwischen den Fingern rollte.“ Im Internet unter: http://icm.clsbe.lisboa.ucp.pt/docentes/url/jcn/ie2/0POWCamp.pdf

24. Twain, Mark (1893, unveränderter Nachdruck 2021) The Million Pound Bank Note. Unabhängig veröffentlicht, ISBN: 979- 8726647104, S. 24

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