Lange Zeit wurde das Thema Globalisierung aus Sicht der Ökonomen vor allem auf zwei Punkte reduziert: Unternehmen profitieren von niedrigeren Einsatzkosten und neuen Absatzmärkten, Konsumenten profitieren von niedrigeren Preisen. Die politische Einordnung war immer schon komplexer. Die Hoffnung, globaler Handel, eingebettet in multilaterale Regelwerke, würde militärische Konflikte unwahrscheinlicher machen, wurde nicht erst durch Russlands Einmarsch in die Ukraine enttäuscht. Schon deutlich früher zeigte sich, dass manche Länder sich häufiger, und mitunter deutlich, gegen die ökonomisch sinnvollste Alternative entscheiden. Auch in den Industrieländern traten zunächst unterschätzte politische Folgen spätestens mit dem Brexit und der Wahl Trumps für alle sichtbar zutage. Allen voran die Enttäuschung derjenigen, die sich als Globalisierungsverlierer sahen.
Dem Multilateralismus ist das nicht dienlich. Vor allem der Handelskrieg zwischen China und den USA hat die World Trade Organisation (WTO) weiter geschwächt. Bilaterale Abkommen gewinnen an Bedeutung, Lieferketten werden neu geordnet und Handelspartner neu gewählt, die ein ähnliches Wertesystem besitzen. Der Schutz nationaler Sicherheit wird wieder häufiger als Grund für oder gegen eine Partnerschaft genannt. Den Export macht das meist komplexer, im Einkauf können die günstigsten Lieferanten wegfallen. Beschleunigt wurde dieser Trend durch Covid-19 und den Ukrainekrieg. Größere Autonomie und der sichere Zugriff auf kritische Güter wurden gegenüber kurzfristiger Kostenminimierung bei Beschaffung und Produktion priorisiert. Man erinnert sich an die Covid-Masken, doch geht es auch um strukturell wichtigere Produkte: Energie, Seltene Erden, Medikamente, Verteidigung, Hochtechnologie.
Globaler Warenhandel vs. US-Gebrauchsgüterpreise
Indexiert: 31.12.1990 = 100
Quelle: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 30.12.2022