- Der private-Kreditmarkt hat in den vergangenen Jahren ein kräftiges Wachstum gezeigt, Direct Lending war Haupttreiber dieser Entwicklung.
- In den USA ist Direct Lending zwar bereits deutlich breiter aufgestellt und auch etablierter, doch Europa folgt mit großen Schritten nach.
- Für Anleger kann das Segment die Chance auf solide Wertentwicklung und teilweise sogar Outperformance gegenüber anderen Anlageformen bieten.
Direct Lending als wichtiger Teilbereich des privaten Kreditmarktes
Direct Lending hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere in Europa zu einem immer wichtigeren Bestandteil der globalen Kreditmärkte entwickelt. Die momentane Marktlage spricht unserer Einschätzung nach dafür, dass sich dieser Trend auch in den kommenden Monaten und Jahren fortsetzen dürfte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der erwarteten konjunkturellen Erholung. Attraktive absolute und relative Konditionen erzeugen weiterhin eine hohe Nachfrage; dies sollte gute Unterstützung bieten, dass Private Credit dem öffentlichen Kapitalmarkt weiterhin erfolgreich Konkurrenz macht und sich einen zunehmend größeren Teil von Kuchen sichert.
1 / Die Erfolgsstory nimmt weiter Fahrt auf
1.1 Worum geht es?
Direct Lending bezieht sich unserer Definition nach auf privat verhandelte Darlehen oder Kredite, die von Kreditgebern außerhalb des Bankensektors an private Unternehmen vergeben werden. In den meisten Fällen konzentrieren sich diese Kreditgeber auf mittelständische Unternehmen, die maßgeschneiderte Finanzierungslösungen suchen. Die Kreditnehmer sind möglicherweise nicht groß genug, um Zugang zu den öffentlichen Kreditmärkten zu erhalten, oder sie benötigen fremdfinanzierte Strukturen oder Anpassungen, die insbesondere von Banken im heutigen regulatorischen Umfeld nicht angeboten werden. Diese Art der Kreditvergabe unterscheidet sich erheblich von den traditionellen Fremdkapitalquellen für Unternehmensschuldner, wie Bankkredite und syndizierte Darlehen. Ähnlich wie bei syndizierten fremdfinanzierten Krediten (aber anders als bei den meisten hochverzinslichen Anleihen) sind die Kredite variabel verzinslich, verringern das Zinsrisiko für die Anleger und bieten Schutz in einem inflationären Umfeld. Die mit solchen Darlehen verbundenen Renditen sind in der Regel deutlich höher als die auf den öffentlichen Märkten erzielbaren. Diese zusätzliche Rendite wird in erster Linie der "Illiquiditätsprämie" zugeschrieben, d.h. dem Fehlen eines liquiden Sekundärmarktes, der einen vorzeitigen Ausstieg möglich machen würde. Die höhere Rendite kann zum Teil auch auf eine "Komplexitäts“-Prämie“ zurückgeführt werden, die die individuelle Beschaffenheit dieser Finanzierungen widerspiegelt. Die Bewertung und damit die Preisfestsetzung erfolgt in regelmäßigen Abständen, allerdings ist kein täglicher Markt verfügbar.
Unternehmen suchen zunehmend nach Finanzierungslösungen von privaten Kreditmanagern, da sie hohe Ausführungsgeschwindigkeit, Flexibilität und Transaktionssicherheit bieten können - Eigenschaften, mit denen traditionelle Banken oft nicht mithalten können, insbesondere in schwierigen Marktphasen. Auch die höhere Privatsphäre und Homogenität einer privaten Kreditvereinbarung, insbesondere im Gegensatz zu einer öffentlichen Emission, sind wichtige Pluspunkte.
Da sich die traditionellen Banken aus der Kreditvergabe zurückgezogen und gleichzeitig ihre Kreditvergabestandards verschärft haben, konnten private Kreditmanager die Nachfragelücke füllen. Auch großvolumige Darlehen spielen eine immer wichtigere Rolle und verlagern sich von den Banken und dem öffentlichen Markt auf den "privaten" Bereich. Wir gehen davon aus, dass das Marktumfeld für Direct Lending weiterhin attraktiv bleibt. Für Anleger bietet das Segment auch fortgesetzt eine hohe Kassa-Rendite, Risikoabsicherung durch eine vorrangige gesicherte Position in der Kapitalstruktur, Diversifizierungsvorteile und Zugang zu privaten Unternehmen, die auf den öffentlichen Kreditmärkten nicht im gleichen Umfang verfügbar sind.
Mit ELTIF können in der EU auch Privatinvestoren „wie die Großen“ investieren
Investitionen in Private Debt waren lange Jahre nur für institutionelle Anleger möglich, was nicht zuletzt mit den hohen Anlagevolumina zu tun hatte, die für solch ein Engagement notwendig waren. Um diese Assetklasse auch für Retail-Anleger zugänglich zu mache, führte die Europäische Union im Jahr 2015 so genannte europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) ein. Der Begriff „ELTIF“ steht dabei für “European Long-Term Investment Fund“. Durch dieses Vehikel soll Anlegern auch mit kleineren Volumina die Chance eröffnet werden, in Unternehmensschulden, Infrastruktur und andere langfristig orientierte Sachwerte zu investieren, die außerhalb der öffentlichen Märkte angeboten werden. Ein wichtiger Schritt hierfür soll die Anfang des laufenden Jahres in Kraft getretene überarbeitete ELTIF-Verordnung sein. Nach Aussage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll diese „es Kapitalverwaltungsgesellschaften erleichtern, Anlegern langfristige Investitionsmöglichkeiten anzubieten“. Im Rahmen der Überarbeitung wurden Erleichterungen sowohl für Privatanleger als auch für den Vertrieb eingeführt.[1]
Nach Einschätzung von Scope war das Abwarten auf das Inkrafttreten dieser überarbeiteten ELTIF-Verordnung (im Sprachgebrauch des Marktes auch ELTIF-2.0-Regime genannt) mit ein Grund, dass diese Investments in 2023 nicht ganz so gut gelaufen sind. Scope beurteilt die Entwicklung als „solide, aber nicht überwältigend“.[2] Im Überblick über den ELTIF-Markt 2023/2024 schreibt die Ratingagentur, dass das Wachstum des Marktes geringer ausgefallen sei als im Vorjahr. Scope beziffert das aggregierte Volumen dieser Fonds für Ende 2023 auf 13,6 Milliarden Euro. Gegenüber Ende 2022 ist das verwaltete Vermögen damit um rund 2,7 Milliarden Euro gestiegen, ein Zuwachs von 24 Prozent. 2022 war das Volumen noch um 50 Prozent gewachsen.[3]
Durch Einführung von ELTIF-2.0 ist es nahezu sämtlichen Privatanlegern nun uneingeschränkt möglich, Anteile an ELTIFs zu erwerben. Wie die BaFin ausführt, durften nach alter Rechtslage Privatanleger, deren Anlage-Portfolio insgesamt weniger als 500.000 Euro betrug, maximal zehn Prozent des Anlage-Portfoliovolumens in ELTIFs investieren. Dabei mussten sie mindestens 10.000 Euro anlegen. Nach neuer Rechtslage gibt es solche gesetzlichen Zugangsbegrenzungen nicht mehr.
Scope bleibt verhalten optimistisch für die Zukunft von ELTIFs. „Eine starke Nachfrage wird sich dann einstellen, wenn sich zeigt, dass ELTIFs in der Breite eine hohe Rendite erzielen können oder ein sehr vorteilhaftes Rendite-Risiko-Profil haben“, schreibt die Agentur. Weil sich diese Erkenntnis allerdings über Jahre hinweg entwickeln müsse, werde es dauern, bis Anleger verstärkt in der Breite investieren. „Zunächst wird der ELTIF im Private-Banking- und im semi-institutionellen Bereich Volumen gewinnen, ehe er bei gehobenen Privatkunden oder gar im Retail-Segment durchstarten wird“, so Scope.
1.2 Aktueller Status Quo des Direct Lending
Direct Lending ist das Private-Credit-Segment mit dem stärksten Wachstum. Schauen wir auf die Entwicklung in den Jahren 2016 bis 2022, so verzeichnet das verwaltete Vermögen (Assets Under Management, AUM) laut Daten von Preqin in diesem Bereich global ein durchschnittliches jährliches Wachstum von rund 28 Prozent, während Private Credit insgesamt auf „nur“ 17,5 Prozent Zuwachs kommt. Für die USA (28 versus 17 Prozent) und Europa (25 versus knapp 16 Prozent) ergibt sich ein vergleichbares Bild. Direct Lending sichert sich seine Relevanz, innerhalb des Private-Credit-Universums, aber auch als zunehmende Konkurrenz zu den öffentlichen Marktsegmenten.[4]
Eine von Preqin Ende vergangenen Jahres durchgeführte Umfrage kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Anleger innerhalb der privaten Schuldenstrategien Direct Lending klar bevorzugen. 67 Prozent sehen hierin die besten Chancen im Private-Credit-Segment. Direct Lending wird von Jahr zu Jahr immer beliebter und das Umfrageergebnis spiegelt die hohen Erwartungen wider, die in das Segment gesteckt werden. Die zweitbeliebteste Strategie, notleidende Schulden (Distressed Debt), hat seit 2021 ebenfalls einen merklichen Anstieg in der Beliebtheit verzeichnet, auch wenn das real zu beobachtende Wachstum der Assets Under Management diesen positiven Schub nicht wirklich zeigt.[4] In diesem Teilsegment dürfte unserer Einschätzung nach die wieder vermehrt positive Einschätzung der Investoren mit Blick auf die konjunkturelle Lage der Hauptgrund für den Optimismus sein.
Direct Lending nimmt im globalen Private-Credit-Universum einen stetig wachsenden Anteilein
(Verwaltetes Vermögen, Assets Under Management)
Quellen: Preqin, DWS Investment GmbH; Stand: 25.07.2024
*Prognose // Prognosen beruhen auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und Modellen oder Analysen, die sich als ungenau oder falsch erweisen können
Die vergangenen drei Jahre haben gezeigt, dass das Segment des Direct Lending weiterhin äußerst solide wächst, auch wenn das Wachstum auf der anderen Seite des Atlantiks deutlich stärker war. 2023 war geprägt von anhaltend hohen Zinssätzen, wodurch sich Private Credit allerdings nicht wirklich abschrecken ließen. Denn die hohen Zinsen führten auch zu Spitzenrenditen für Investoren, wodurch der geringfügige Anstieg der Kreditausfälle überkompensiert werden konnte. In den USA konnte die Zunahme der Assets Under Management im Direct Lending vollumfänglich an die starken Jahre 2021 und 2022 anknüpfen, in Europa lag der Zuwachs sogar deutlich über den Zahlen dieser beiden Jahre. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung war unserer Einschätzung nach vor allem beeindruckend, wie der Markt die großen fundamentalen Herausforderungen meistern konnte. Das Segment zeigte Widerstandsfähigkeit trotz steigender Finanzierungskosten und strafferer Geldpolitik und Direct Lending konnte robuste Nachfrage und hohe Aktivität generieren.[4]
Das aktuelle fundamentale Umfeld spricht unserer Einschätzung nach für eine weiterhin solide Entwicklung des Direct Lending, angetrieben durch eine sich verbessernde konjunkturelle Lage in Kombination mit anhaltend hohem Interesse der Investoren an hochverzinslichen Alternativen im Bereich Private Credit. Mit der zu erwartenden Lockerung der geldpolitischen Ausrichtung weltweit dürfte auch die Geschäftsaktivität in diesem Bereich weiter zunehmen, wodurch sich neue Anlagemöglichkeiten bieten sollten. Das Segment hat in der Vergangenheit Widerstandsfähigkeit in Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen wie hoher Inflation und geopolitischer Spannungen gezeigt. Doch auch die Anbieter von Direct Lending haben sich angepasst, beispielsweise durch flexible Finanzierungslösungen und starke Risikomanagementpraktiken.
Der Blick auf die nackten Zahlen offenbart allerdings auch, dass der Jahresauftakt 2024 kein Selbstläufer war – zumindest, was die abgeschlossenen Transaktionen betrifft. Nach Daten von Debtwire belief sich das Volumen der Direct-Lending-Transaktionen in Europa im ersten Quartal 2024 auf 13,7 Milliarden Euro, verteilt auf 208 Geschäfte, was einen Rückgang von 15,2 Milliarden Euro in 164 Transaktionen im gleichen Zeitraum des Vorjahres bedeutet. Ein jährlicher Rückgang von etwa 10 Prozent beim Geschäftsvolumen trotz eines Anstiegs der Transaktionen um 16 Prozent ist nach Einschätzung von Debtwire bezeichnend für einen M&A-Markt (Zusammenschlüsse und Übernahmen), in dem das Interesse an großvolumigen gehebelten Übernahmen gedämpft bleibt[5]
Verwaltetes Vermögen (Assets Under Management): USA bei Direct Lending noch immer mit merklichem Vorsprung
Quellen: Preqin, DWS Investment GmbH; Stand: 25.07.2024
1.3 Abgrenzung des Direct Lending von den breiteren öffentlichen Märkten
Es sind nicht nur die attraktiven Renditen, die den Markt für Direct Lending für immer mehr Investoren interessant machen. In einem Umfeld steigender Zinssätze bietet die variable Verzinsung dieser Kreditprodukte den Investoren eine Absicherung gegen das Inflationsrisiko, mit Absicherungsmaßnahmen, die im Markt für breit syndizierte Kredite nicht vorhanden sind. Darüber hinaus gibt es aber noch eine Reihe anderer struktureller Merkmale, die ihn im Vergleich zu seinen liquideren Alternativen positiv abgrenzen.
So liegt es in der Natur privater Transaktionen, dass der Grad der Standardisierung deutlich niedriger ist. Das gilt für die vertragliche Ausgestaltung genauso wie für die Prüfung respektive Due Diligence der einzelnen Kredite. Mit Bezug auf die Verträge kann gesagt werden, dass in den privaten Märkten unserer Einschätzung nach dem Schutz der Investoren eine höhere Bedeutung beigemessen wird als auf den öffentlichen Märkten. Gleichmaßen fällt die Kreditprüfung sorgfältiger aus.
Darüber hinaus finden im Direct Lending Bewertungen in der Regel vierteljährlich und anhand von Rechnungslegungsmethoden statt (und nicht auf täglicher Basis zum Marktwert), was zu weniger Marktschwankungen führt. Dadurch wird die Nervosität, die durch teilweise massive Tagesschwankungen entsteht, beseitigt. Man könnte jedoch auch argumentieren, dass diese Aspekte die Handlungsfähigkeit der Anleger erheblich einschränken, was als negativ angesehen werden müsste.
Direct-Lending-Kredite haben historisch eine höhere Prävalenz von Kreditgarantien und sind in der Regel auch erstrangig besichert. Sie verfügen daher über integrierte Merkmale, die es den Kreditgebern ermöglichen, im Falle eines notleidenden Darlehens schneller zu handeln und sich im weiteren Verlauf auch stärker zu erholen.
Ganz generell kann gesagt werden, dass aufgrund der Tatsache, dass auch in Europa der Markt für Direct Lending seine Erfolgsbilanz als attraktive Alternative zu liquiden öffentlichen Märkten ausbaut, eine aufsteigende Tendenz in der Qualität der Kreditnehmer zu beobachten ist, die sich vermehrt für Finanzierungslösungen über den privaten Markt entscheiden.
Großvolumige Transaktionen stellen Direct Lender vor neue Herausforderungen
Ein Trend, der den Erfolg dieses Segments unseres Erachtens nur zu gut widerspiegelt, sind die merklich gestiegenen Volumina einzelner Geschäfte. Das durchschnittliche Volumen eines Direktkreditgeschäfts in Europa hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Im ersten Quartal 2020 lag die Durchschnittsgröße bei 90 Millionen Euro, aber bis zum zweiten Quartal 2022 hatte sie sich auf 861 Millionen Euro fast verzehnfacht.[6] Dieses Wachstum spiegelt die Breite des Marktes für Direct Lending wider und zeigt, dass Direktkreditgeber bereit sind, umfangreiche Finanzierungen bereitzustellen, und direkt mit dem syndizierten Leveraged-Finance-Sektor zu konkurrieren.
In den Vereinigten Staaten hat der Markt für Direktkredite ebenfalls ein Wachstum bei den Geschäftsgrößen erlebt. Im Jahr 2023 sprang die durchschnittliche Transaktionsgröße für Geschäfte auf 4,2 Milliarden Dollar, gegenüber 3,8 Milliarden Dollar im Jahr 2022 und 2,5 Milliarden Dollar im Jahr 2021. Dies ist doppelt so hoch wie die durchschnittliche Geschäftsgröße in den 10 Jahren bis 2022.[7] Diese Verschiebung zeigt die wachsende Bedeutung des Direktkreditmarktes in der US-Finanzlandschaft.”
Als Konsequenz hieraus stehen Direct Lender in diesem Segment großvolumiger Transaktionen nicht mehr nur im Wettbewerb mit anderen Kreditgebern, sondern sie konkurrieren zunehmend mit der breiten Palette der auf dem Markt verfügbaren Optionen. Bei Geschäften dieser Größenordnung entscheiden sich Kreditnehmer häufig zwischen der Nutzung öffentlicher Märkte durch breit angelegte Konsortien, der Beschaffung von Mitteln über private Märkte bei einem einzigen Kreditgeber oder sogar der Entscheidung für so genannte „Clubgeschäfte“. Bei solchen Clubgeschäften arbeiten mehrere Kreditgeber zusammen, um größere Transaktionen abzuwickeln. In einigen Fällen könnte diese Entscheidung die Kreditgeber veranlassen, weniger günstige Konditionen anzunehmen, um sich ein Geschäft zu sichern. Wir sehen mittlerweile einige Hinweise darauf, dass die Preise bei großen Transaktionen des privaten Marktes mit denen auf dem öffentlichen Markt konvergieren und die Illiquiditätsprämie verringert wird. Darüber hinaus sind die maximalen Schuldenquoten oder andere strenge Finanzkennzahlen, die als Vereinbarungen im Direct Lending einzuhalten sind, bei größeren Geschäften tendenziell höher oder eher lockerer und entwickeln sich in Richtung der typischen Kennzahlen am öffentlichen Konsortialmarkt.
1.4 Performance
Investments in Direct Lending haben in den vergangenen Jahren eine solide Rendite abgeworfen, die deutlich über der vergleichbarer Assets am so genannten öffentlichen Markt liegt.
Doch zuerst wieder eine kleine Definition: Generell setzt sich die Verzinsung im Direct Lending aus mehreren Komponenten zusammen. Grundlage ist eine variable kurzfristige Marktverzinsung, die einem Geldmarktsatz wie dem Euribor oder SOFR entspricht. Der Credit-Spread ist als Kompensation für das eingegangene Risiko zu sehen. Dazu kommt eine Bereitstellungsprovision, die die Kosten für die Konstruktion des Kredites abdeckt. Darüber hinaus kann auch noch eine Illiquiditätsprämie berücksichtigt werden, da ein Ausstieg aus dem Kreditvertrag vor Fälligkeit im Gegensatz zu gängigen Bankkrediten oder am Markt gehandelten syndizierten Krediten (für die markttäglich ein Preis/Kurs ermittelt wird) nicht möglich ist. Insbesondere die variable Verzinsung hat sich im Zuge der massiven Zinsanhebungen global in den vergangenen Jahren merklich erhöht, wodurch die Attraktivität des Direct-Lending-Segments gesteigert wurde. Auch bietet diese Art der Verzinsung einen guten Schutz vor erhöhter Inflation.
Der kräftige Anstieg der weltweiten Zinsen in den vergangenen zwei Jahren hat die Aufmerksamkeit verstärkt auf Fixed Income und insbesondere das Credit-Segment gelenkt. Innerhalb Private Credit wiederum überwog die Nachfrage nach Direct Lending, vor allem aufgrund der variablen Verzinsung, vergleichsweise geringer Volatilität und einer soliden Erfolgsbilanz für attraktive risikoadjustierte Renditen. Durch eine geringere Allokation in traditionelle Assets wie Aktien und Anleihen können die Portfolioerträge erhöht werden, ohne das Risikoprofil des Portfolios wesentlich zu beeinträchtigen – so die weithin geltende Auffassung.
Der Cliffwater Direct Lending Index (CDLI) gilt gemeinhin als eines der wichtigsten Barometer für die Performance des Direct Lending. Seine Entwicklung in den vergangenen Jahren gibt einen guten Eindruck von der Attraktivität des Segments für Investoren. Der CDLI erzielte im vierten Quartal des vergangenen Jahres eine Gesamtrendite von 3,02 Prozent. Daraus ergibt sich ein „Trailing Return“ (Rollierende Rendite, Gesamtgewinn aus einer bestimmten Investition über einen bestimmten Zeitraum) für die vergangenen vier Quartale von 12,49 Prozent. Über einen Zeitraum von fünf Jahren betrug dieser Ertrag 9,14 Prozent, beim Blick auf die vergangenen zehn Jahre sind es 8,85 Prozent. Seit seiner Gründung am 30. September 2004 hat der CDLI eine annualisierte Rendite von 9,50 Prozent erzielt.[8]
Die Drei-Jahres-„Takeout-Rendite“ (die erwartete jährliche Rendite auf eine Investition, bis sie aufgelöst oder durch langfristigere Finanzierung ersetzt wird, normalerweise nach einem Zeitraum von drei Jahren) des Index ist im vierten Quartal 2023 leicht von 12,29 auf 12,20 Prozent gesunken, hauptsächlich aufgrund einer geringfügigen Einengung der Spreads. Seit diesem Zeitpunkt hat sie sich auf diesem Niveau gehalten. Zum Vergleich: die „Rendite bis Fälligkeit“ (Yield to Maturity) des Morningstar LSTA US Leveraged Loan 100 Index ging ebenfalls leicht von 9,68 auf 9,63 Prozent zurück, während die Rendite des Bloomberg High Yield Bond Index geringfügig von 8,50 auf 8,88 Prozent kletterte.
Stabile historische Outperformance gegenüber Fixed Income
In der historischen Betrachtung hat Direct Lending (CDLI) im Zeitraum 2005 bis 2023 nach Berechnungen von Stepstone mit annualisierten Renditen von rund 9,4 Prozent Erträge erzielt, die mit denen von Aktieninvestments vergleichbar waren (durch ein Investment in den S&P 500 läge das Ergebnis im gleichen Zeitraum mit 9,1 Prozent nur minimal darüber). Der Unterschied wird deutlicher, wenn der Fokus auf festverzinsliche Papiere gerichtet wird, die mit annualisierten 3,7 Prozent deutlich schlechter abschneiden. Doch sollte daraus nicht geschlossen werden, dass laut der Maxime “höheres Risiko entspricht höherer Rendite” das merklich überlegene Renditepotenzial des Direct Lending automatisch mit deutlich erhöhten Risiken verbunden sei. Stepstone betont, dass zwar Liquiditäts- und Kreditrisiken bestehen, Direct Lending in Zeiten finanziellen Stresses allerdings „lediglich“ ähnlich hohe Verluste erleidet wie Investment-Grade-Anleihen (IG).[9]
Insbesondere im Jahr 2022 schützte das geringe Zinsänderungsrisiko des Direct Lending die Anlageklasse vor starken Abschlägen, wie sie beispielsweise im Investment-Grade-Universum verschmerzt werden mussten.[9] Und auch zukünftig sollte das geringe Zinsrisiko unserer Einschätzung nach die Volatilität der Anlageklasse eher niedrig halten. Auch der Blick auf die Risikokompensation ist interessant. Direct Lending lag Ende 2023 bei einem Aufschlag von rund 450 Basispunkten gegenüber der Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen. Demgegenüber, wie Stepstone berechnet hat, liegt die vergleichbare Prämie für den S&P 500 bei 55 Basispunkten, und für den Investment-Grade-Bereich bei rund 150 Basispunkten.[10]
Die mit Direct Lending erzielten Erträge können sich durchaus sehen lassen (Annualisierter Total Return 2005 – 2023)
Quellen: Stepstone, Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH; Stand: 25.07.2024
*Von Januar 2005 bis Dezember 2023
Direct Lending: Cliffwater Direct Lending Index, IG: Bloomberg Global-Aggregate Total Return Index
Da wir davon ausgehen, dass das Zins- und Renditeniveau auch absehbar höher bleiben sollten, wird als in der vergangenen Dekade, sollte Direct Lending unserer Meinung nach auch weiterhin attraktive risikoadjustierte Renditen bieten. In einem Szenario kräftig fallender Zinsen würde zwar die Rendite, die von traditionellen festverzinslichen Wertpapieren geboten wird, drastisch sinken. Da im Direct Lending jedoch stets eine Zinsuntergrenze Verwendung findet, wird automatisch ein Schutz nach unten geboten. Somit erscheint unseres Erachtens die Attraktivität von Direct Lending nahezu unabhängig vom Zinsumfeld gegeben.
2 / Direct Lending auch in Europa auf dem Vormarsch
2.1 Vereinigtes Königreich als Vorreiter, deutlich Unterschiede in europäischen Ländern
In den vergangenen rund zehn Jahren hat sich der Private-Credit-Markt auch in Europa von einer Nischenfinanzierungsform zu einer bedeutenden Kraft in der Unternehmensfinanzierung entwickelt. Vor allem Direct Lending hat sich im Zuge dessen klar behauptet und durch signifikantes Wachstum die Führung innerhalb dieser Entwicklung übernommen. Mittlerweile hat sich das Segment auch hierzulande zu einer anerkannten Assetklasse entwickelt. Das kräftige Wachstum wird vor allem durch den bereits erwähnten Rückzug traditioneller Banken aus bestimmten Kreditaktivitäten getrieben, so dass sich ein immer größeres Betätigungsfeld für Direct Lending ergibt. Eine Folge dieser Entwicklung ist, dass sich teilweise sogar Kreditgeber zusammentun, um große Transaktionen zu finanzieren, die in der Regel eine Milliarde Euro überschreiten. Dieser Ansatz ist auch immer häufiger geworden, da auf der anderen Seite Kreditnehmer nach Alternativen zu syndizierten Krediten und Anleihen suchen. Direct Lending in Europa bietet zudem weiterhin attraktive Renditen, die oft syndizierte Kredite übertreffen. Allerdings bleiben die Erträge trotz hoher Zinssätze robust, was die Attraktivität aus Sicht der Investoren steigert.
Das Marktsegment wächst jedoch nicht nur in der Größe, sondern expandiert auch geografisch. Lange hatte diesseits des Atlantiks das angelsächsisch geprägte Vereinigte Königreich die Spitzenposition im Direct Lending inne, unterstützt durch das Vorhandensein eines etablierten rechtlichen Rahmens sowie den (noch) früheren Rückzug der Banken aus dem Kreditgeschäft im Vergleich zu anderen europäischen Märkten. In den vergangenen Jahren haben jedoch andere Länder schnell aufgeholt und ihre eigenen Ökosysteme für Direct Lending entwickelt. Länder wie Frankreich und Deutschland sind erheblich gewachsen, während auch die Benelux- und nordischen Länder sowie Südeuropa ihren Anteil am Gesamtvolumen erhöht haben. Dabei hat jedes Land in Europa seine eigenen Marktdynamiken, regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen sowie Geschäftskulturen.[10]
In Frankreich hat die Wachstumskurve des Direct Lendings eine ähnliche Entwicklung genommen wie im Vereinigten Königreich – wenn auch mit einiger Verzögerung. Die Niederlande, vor wenigen Jahren ein von Banken dominierter Markt, sind mittlerweile einer der am schnellsten wachsenden Direct-Lending-Märkte in Europa. Private Credit ist in diesen Ländern als ernst zu nehmend Alternative etabliert und unserer Einschätzung nach sind die Weichen gestellt, dass in den kommenden Jahren weitere Marktanteile hinzugewonnen werden sollten. In Deutschland hingegen verteidigen die Banken ihren noch immer relativ hohen Marktanteil, nicht zuletzt aufgrund der historischen Bedeutung der zahlreichen regionalen Banken in der Unternehmensfinanzierung. Die Kreditvergabe verlagert sich allerdings auch hier zunehmend in Richtung Private Credit, aber im Gegensatz beispielsweise zum britischen Markt, wo einfache Strukturen dominieren, haben deutsche Kreditnehmer oft spezifische Bedürfnisse, auf die mit maßgeschneiderten Finanzierungspaketen reagiert wird.
3 / Zusammenfassung und Ausblick
Direct Lending hat seine Rolle im Private-Credit-Bereich gefunden und dürfte diese in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Die Nachfrage von Unternehmen, die sich entweder im öffentlichen Markt nicht finanzieren können oder wollen, und die auch keine Bankkredite bevorzugen, wächst stetig. Die wachsenden Volumina einzelner Direct-Lending-Transaktionen spricht ebenfalls eine deutliche Sprache. Für Anleger hat sich das Segment als eine attraktive Assetklasse etabliert, die insbesondere im Vergleich zu Fixed Income eine deutliche risikoadjustierte Outperformance vorweisen kann.
Unserer Einschätzung nach wird der Markt für Direct Lending fortgesetzt wachsen und zunehmend auch größere Unternehmen anlocken. Anhand eigener Prognosemodelle erwartet Preqin ein rasantes Wachstum von Private Credit, welches das global verwaltete Vermögen von 2022 bis 2028 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 11 Prozent auf ein Allzeithoch von 2,8 Billionen US-Dollar wachsen lassen dürfte. Wir sprechen hier fast von einer Verdopplung des Volumens von 1,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2022.[11] Direct Lending dürfte hier einen maßgeblichen Anteil haben.
In den kommenden Jahren sehen wir das europäische Direct-Lending-Segment zwar näher an sein US-Pendant heranrücken – jedoch dürfte dies unserer Einschätzung nach eher langsam vonstattengehen. Bis der europäische Markt eine Tiefe und Breite erreichen wird, wie es den Anlegern in den USA bereits geboten wird, dürften noch Jahre vergehen. Auf der anderen Seite scheinen sich die Renditeprämien in den USA und Europa bereits ziemlich angeglichen zu haben. Der europäische Markt entwickelt sich in Bezug auf seine Direct-Lending-Strukturen kontinuierlich weiter und konvergiert hierdurch immer stärker mit den Gegebenheiten in den USA.
Während sich der US-Markt bereits ein homogenes regulatorisches Umfeld geschaffen zu haben scheint, bietet Europa im Direct Lending noch eine deutlich höhere Dynamik, beispielsweise in der Ausgestaltung der Preisfestsetzung oder der Rahmenbedingungen, was auch wiederum für Investoren Vorteile bieten kann. Vieles wird zukünftig davon abhängen, wie stark die Banken an ihrer noch vorhandenen Rolle im Kreditmarkt hängen und wie aggressiv die Direct-Lending-Anbieter um eine Vergrößerung ihres Anteils kämpfen. Die erwartete konjunkturelle Erholung sollte zumindest ihren Teil dazu beitragen, dass mit wachsender Investitionsbereitschaft auch die Nachfrage nach Krediten perspektivisch weiter steigt.