23. Mär 2023 Infrastruktur

Infrastruktur birgt Chancen – und Risiken

Ein profundes Verständnis der jeweiligen Basisgeschäfte bleibt mit Blick auf Erträge, Kosten, Wertschöpfungshebel sowie Risiken entscheidend

Björn Jesch

Björn Jesch

Global Chief Investment Officer
  • Wie sich zuletzt in Deutschland zeigte, ist Infrastruktur unverzichtbar, ebenso wie eine diversifizierte Energieversorgung.
  • Wenn Risiken richtig eingeschätzt und behandelt werden, können breit gestreute Infrastrukturportfolios vergleichsweise sichere und zuverlässige Renditeflüsse bieten.
  • Für Privatanleger, die in eine ihnen bislang wenig vertraute Anlageklasse einsteigen möchten, scheint ein vorsichtiges und selektives Vorgehen sinnvoll.

Infrastrukturinvestitionen werden weiterhin von zwei Megatrends bestimmt: Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, haben der jüngste Angriffskrieg Wladimir Putins gegen die Ukraine und die daraus folgende weltweite Lebenshaltungskostenkrise eine ganze Reihe verschiedener Infrastrukturinvestitionen angestoßen, vor allem im Bereich erneuerbarer Energiequellen[1]. Auf der ganzen Welt versuchen Investoren und politische Entscheidungsträger, die Energiewende voranzutreiben und gleichzeitig die Menge und Sicherheit des Energieangebots zu verbessern. Die Notwendigkeit, private Infrastrukturinvestitionen zu beschleunigen, macht es wiederum leichter für Privatanleger Zugang zu dieser Anlageklasse zu erhalten. Diese Reaktionen aus der Politik sind zu begrüßen, aber auch Vorsicht ist angebracht.

Europa ist überraschend gut durch den Winter 2022/23 gekommen. Neben dem warmen Wetter war das vor allem den Vorbereitungen beim Sicherstellen alternativer Energiequellen seit Februar 2022 zu verdanken. Diese Fortschritte wurden, vor allem in Deutschland, erstaunlich zügig erzielt. Das macht Projekte zur Versorgungssicherung zu einem guten Ausgangspunkt für ein Zwischenurteil, was sich nachhaltig verändert hat – und was sich noch ändern muss. Nehmen wir hier besonders den Nordseehafen von Wilhelmshaven in den Blick, etwa eine Autostunde von Bremen entfernt. Nach Jahren endloser Diskussionen über Flüssiggasterminals (LNG) wurde dort vor kurzem in Rekordzeit das erste von mehreren möglichen Flüssiggasterminals fertiggestellt. Im Februar 2022 fiel die Entscheidung zum Bau. Ende November 2022 waren alle Projektschritte von der Genehmigung bis zum Bau erfolgt. Seit Dezember 2022 wird nun in Wilhelmshaven Flüssiggas angeliefert. Das Projekt spielte eine entscheidende Rolle, Deutschland über den Winter zu bringen.

So weit, so gut – derzeit beobachten wir ähnliche Tendenzen in den Bereichen der Wind- und Sonnenenergie. Auch hier könnten bislang notorisch lange administrative Genehmigungsverfahren deutlich abgekürzt werden[2] Der Grund für einen nur vorsichtigen Optimismus liegt darin, dass es durch das deutsche föderale System sehr schwer zu sagen ist, ob und wie sich aus dem Erfolg in Wilhelmshaven Rückschlüsse auf andere Projekte ziehen lassen. Wird die Unterstützung für schnelle Entscheidungen ähnlich stark sein, wenn das zu genehmigende Projekt nicht gerade in Krisenzeiten in den nationalen Schlagzeilen ist? Was, wenn wir stattdessen über eine unbedingt erforderliche Hochspannungsleitungstrasse sprechen, gegen die sich in einzelne betroffene Bundesländer seit Jahren gewehrt hatten? Oder über Windparks an hervorragend geeigneten, windreichen Standorten, der lange Zeit durch Proteste lautstarker Gegner vor Ort verhindert wurde, wie zum Beispiel gewählte Entscheidungsträger in den Kommunen oder ländlichen Kreisen? Wer mit der Entwicklung von Energieprojekten in Deutschland vertraut ist, kennt genügend ähnliche Beispiele. Trotz ermutigender Schritte auf Bundesebene bleibt abzuwarten, wie sich die Zeitenwende 2023 tatsächlich in praktischen Veränderungen auf lokaler Ebene niederschlagen wird, besonders wenn die Krise nicht mehr ganz so akut ist. Sogar die Regierungskoalition in Berlin zeigte sich in letzter Zeit eher zögerlich und gespalten in diesem Thema[3].

Dies bringt uns zu einem breiteren Paradoxon in der Einstellung gegenüber dieser Anlageklasse. Die Infrastruktur hat schon immer einen unverzichtbaren Beitrag zum reibungslosen Funktionieren von Gesellschaft, Wirtschaft und Wohlergehen der Bevölkerung geleistet. Aber manchmal führt uns erst eine Krise, wie ein Krieg vor der eigenen Haustür oder eine Pandemie, klar vor Augen, wie immens teuer uns politische Fehler der Vergangenheit zu stehen kommen. In Deutschland und darüber hinaus hat die lange bestehende Abhängigkeit von Gaslieferungen eines einzelnen Lieferanten Gefahren nicht nur in geopolitischer und sicherheitspolitischer Hinsicht heraufbeschworen, sondern auch mit Blick auf die Grundbedürfnisse der Bevölkerung. Zumindest vorübergehend sollte dies zu besser durchdachten politischen Entscheidungen führen – wobei gleichzeitig Raum für neue Fehler geschaffen wird.

Diese Denkweise bestimmt auch den zweiten Trend: die Erleichterung des Zugangs zu Infrastrukturinvestitionen. Die Beweggründe hierfür sind seit langem klar, auch auf Ebene der Europäischen Union (EU). Wie bereits erwähnt, werden für die Deckung des Investitionsbedarfs in den Bereichen der Energieversorgung, aber auch im Bereich der Infrastruktur insgesamt große Mengen an Kapital benötigt, um die Energiewende und die digitale Transformation in Europa umzusetzen[4]. Wenn die Europäer ihren hohen Lebensstandard auf dem aktuellen Niveau beibehalten und die Grundlagen für ihren künftigen Wohlstand legen wollen, sind in den kommenden Jahrzehnten umfangreiche Investitionen erforderlich, um die europäischen Volkswirtschaften zu transformieren, externe Abhängigkeiten zu verringern und eine nachhaltige Industrielandschaft zu schaffen.

Bisherige Kapitalquellen, wie Regierungsgelder, Bankenkredite od. Eigen- und Fremdkapital institutioneller Anleger werden die bestehende Finanzierungslücke allein nicht schließen können. Gleichzeitig werden private Anleger bislang darin behindert, direkt in Infrastrukturprojekte zu investieren – etwa durch zu hohe Mindestanlagesummen oder schwer zu erfüllende Reportinganforderungen. Allmählich zeichnet sich hier in ganz Europa ein Wandel ab. Nehmen wir noch einmal Deutschland als Beispiel: Hier implementiert das neue, 2021 verabschiedete Fondsstandortgesetz EU-Vorschriften zur Harmonisierung der Vorschriften für grüne Infrastrukturinvestments, verlagert die Aufsicht hin zum digitalen Informationsaustausch und schafft neue Chancen für Fondsprodukte, deren Zielgruppe explizit der Privatanleger und die Privatanlegerin sind[5].

Auch dies ist zu begrüßen – wiederum mit Vorsicht. Aus guten Gründen sind Infrastrukturanlagen seit langem bei vielen institutionellen Anlegern sehr beliebt. Traditionelle Transportinfrastrukturprojekte wie Schienentrassen oder Mautstraßen stützen sich schon seit Jahrhunderten nach der industriellen Revolution ausschließlich oder zum Teil auf private Mittel – in der Tat ist der Gedanke an sich, dass diese in modernen Industriegesellschaften von staatlichen Akteuren und nicht von privaten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden sollten, weitgehend eine relativ junge Entwicklung des 20. Jahrhunderts[6]. Die Erzeugung von Strom, besonders in Onshore- und Offshore-Windparks sowie in Solarparks, ist in den letzten Jahrzehnten immer stärker in den Mittelpunkt gerückt und stellt nach wie vor den Löwenanteil der abgeschlossenen Transaktionen dar, wie die Chart unten zeigt.

Dies wird sich auch im kommenden Jahrzehnt wohl nicht ändern, da die Abkehr von fossilen Brennstoffen ein unumkehrbarer Prozess ist, der Schritt für Schritt alle Bereiche privater und unternehmerischer Aktivitäten durchdringt. Zusammen mit leistungsfähigen Netzen und Sicherungseinrichtungen für den Notfall, wenn der nicht kontinuierlich fließende erneuerbare Strom nicht zur Verfügung steht, werden erneuerbare Energiequellen für Europa im Prozess der Abkehr von fossilen Brennstoffen als unverzichtbar betrachtet.

Infrastruktur ist mehr als nur erneuerbare Stromerzeugung

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Quellen: NBER, DWS Investment GmbH; Stand: 16.03.2023

Zwei andere Infrastrukturbereiche sind ebenfalls erwähnenswert. In den letzten zwanzig Jahren haben digitale Infrastrukturprojekte wie Datenzentren, Mobilfunkantennen und Glasfasernetze an Bedeutung gewonnen, da die zunehmende Internetnutzung die Notwendigkeit einer physischen Kommunikationsinfrastruktur verstärkt hat. Zunehmend werden auch Einrichtungen im Gesundheitswesen und Bildungssystem, wie Krankenhäuser, Universitäten und Schulen sowie andere soziale Infrastrukturprojekte ebenfalls als wichtige Bereiche dieser Anlageklasse betrachtet, obwohl die Anzahl der in diesen Bereichen vorerst überschaubar ist.

All diesen Segmenten ist gemeinsam, dass sie auf die eine oder andere Art das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Wirtschaftsaktivität und damit den Wohlstand fördern. Gleichzeitig erfordert eine Bewertung ihrer Attraktivität als Anlage fundierte Analysen, nicht nur nach Segmenten, sondern Anlage für Anlage, um die zugrundliegenden Erlöse, Kosten und Wertschöpfungshebel des jeweiligen Geschäfts wirklich zu verstehen.

Natürlich bedeutet die Quasi-Monopolstellung vieler Infrastrukturanlagen, dass die Endkundennachfrage häufig wenig sensitiv auf höhere Preise reagiert. Infrastrukturbetreiber sind daher meist in der Lage, höhere Kosten über höhere Gebühren oder Tarife an ihre Kunden weiterzugeben. Im Klartext: Die meisten Menschen würden während einem sprunghaften Anstieg der Lebenshaltungskosten eher auf einen Restaurantbesuch oder eine teure Flasche Wein verzichten, wenn das bedeutet, dass sie dann ihre Wohnung nicht mehr heizen können.

Eine wenig elastische Nachfrage kann jedoch nur annehmbare Renditen sicherstellen, wenn auch die Risiken jeder einzelnen Anlage richtig verstanden und behandelt werden. Um das Beispiel oben wieder aufzugreifen: Für die meisten Menschen hätte eine warme Wohnung einen höheren Stellenwert als ein Restaurantbesuch. Für sich genommen hat aber die unelastische Nachfrage für Wohnraum Investitionen in den Wohnungsbau nicht unbedingt auf die Gewinnerspur gebracht, zumindest nicht immer und überall. Die Vorschriften für neue offene Infrastruktursonderfonds, die deutschen Privatanlegern Zugang zur Finanzierung von Infrastrukturprojektunternehmen ermöglichen wollen, basieren zum Teil auf den Vorschriften für deutsche offene Immobilienfonds. Letztere stehen immer wieder vor Problemen, am spektakulärsten nach der globalen Finanzkrise 2008 [[Disclaimer:

Zwei andere Infrastrukturbereiche sind ebenfalls erwähnenswert. In den letzten zwanzig Jahren haben digitale Infrastrukturprojekte wie Datenzentren, Mobilfunkantennen und Glasfasernetze an Bedeutung gewonnen, da die zunehmende Internetnutzung die Notwendigkeit einer physischen Kommunikationsinfrastruktur verstärkt hat. Zunehmend werden auch Einrichtungen im Gesundheitswesen und Bildungssystem, wie Krankenhäuser, Universitäten und Schulen sowie andere soziale Infrastrukturprojekte ebenfalls als wichtige Bereiche dieser Anlageklasse betrachtet, obwohl die Anzahl der in diesen Bereichen vorerst überschaubar ist.

All diesen Segmenten ist gemeinsam, dass sie auf die eine oder andere Art das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Wirtschaftsaktivität und damit den Wohlstand fördern. Gleichzeitig erfordert eine Bewertung ihrer Attraktivität als Anlage fundierte Analysen, nicht nur nach Segmenten, sondern Anlage für Anlage, um die zugrundliegenden Erlöse, Kosten und Wertschöpfungshebel des jeweiligen Geschäfts wirklich zu verstehen.

Natürlich bedeutet die Quasi-Monopolstellung vieler Infrastrukturanlagen, dass die Endkundennachfrage häufig wenig sensitiv auf höhere Preise reagiert. Infrastrukturbetreiber sind daher meist in der Lage, höhere Kosten über höhere Gebühren oder Tarife an ihre Kunden weiterzugeben. Im Klartext: Die meisten Menschen würden während einem sprunghaften Anstieg der Lebenshaltungskosten eher auf einen Restaurantbesuch oder eine teure Flasche Wein verzichten, wenn das bedeutet, dass sie dann ihre Wohnung nicht mehr heizen können.

Eine wenig elastische Nachfrage kann jedoch nur annehmbare Renditen sicherstellen, wenn auch die Risiken jeder einzelnen Anlage richtig verstanden und behandelt werden. Um das Beispiel oben wieder aufzugreifen: Für die meisten Menschen hätte eine warme Wohnung einen höheren Stellenwert als ein Restaurantbesuch. Für sich genommen hat aber die unelastische Nachfrage für Wohnraum Investitionen in den Wohnungsbau nicht unbedingt auf die Gewinnerspur gebracht, zumindest nicht immer und überall. Die Vorschriften für neue offene Infrastruktursonderfonds, die deutschen Privatanlegern Zugang zur Finanzierung von Infrastrukturprojektunternehmen ermöglichen wollen, basieren zum Teil auf den Vorschriften für deutsche offene Immobilienfonds. Letztere stehen immer wieder vor Problemen, am spektakulärsten nach der globalen Finanzkrise 2008[7]. Die Regeln wurden seitdem geändert, um diese spezifischen Probleme für Immobilien zu verhindern. Trotzdem bleibt abzuwarten, wie gut sie sich im Infrastrukturbereich bewähren. Höchstwahrscheinlich wird es hier zu einem längeren Lernprozess kommen, sowohl für Assetmanager und Investoren als auch für die Regulatoren. Zudem dürften einige Probleme und Risiken erst rückblickend zu erkennen sein.

Die Reaktionen politischer und aufsichtsrechtlicher Entscheidungsträger sind oft schwer vorherzusagen. Um nur einige aktuelle Beispiele herauszugreifen: Die im letzten Sommer drohende Gefahr für viele europäische Haushalte, vor einem kalten und teuren Winter zu stehen, rückte die Sorge um die Bezahlbarkeit von Energierechnungen in den Fokus vieler Regulatoren und Politiker. Erstere können häufig den Spielraum eines regulierten Guts, im Rahmen der bestehenden Vorschriften auf sich ändernde wirtschaftliche Bedingungen zu reagieren, einschränken. Letztere sind häufig versucht, sich in bestehende wirtschaftliche Vereinbarungen einzumischen, zum Beispiel in Krisenzeiten erzielte Übergewinne zu besteuern. All dies kann sich darauf auswirken, wie schnell Infrastrukturanlagen ihre Erlöse so anpassen können, dass sie den residualen Mittelfluss erhöhen oder zumindest aufrechterhalten. Für einige Infrastrukturanlagen stellen höhere Kapitalkosten und Materialinputs ebenfalls Gewinnrisiken dar. Und natürlich sind bei steigenden Zinsen, die wohl höher bleiben dürften als in den letzten Jahren, die Auswirkungen auf Diskontsätze und Infrastrukturbewertungen in allen Bereichen dieser Anlageklasse zu spüren.

Wenn Risiken richtig eingeschätzt und behandelt werden, können die Erträge eines breit gestreuten Portfolios aus Infrastrukturanlagen einen vergleichsweise sicheren und zuverlässigen Renditefluss bieten, während damit gleichzeitig ein Beitrag zum Wohlergehen der Gesellschaft geleistet wird. Für neue Privatanlegerprodukte sollte es in den kommenden Jahren wahrlich reichlich Auswahl geben. In Deutschland und auch in anderen Ländern soll nach den Plänen der Regierung bis zum Jahr 2030 viel neuer, grüner Strom erzeugt werden. Damit verbundene Projekte, wie der Ausbau der Stromnetze, müssen ebenfalls finanziert werden. Ein praktisches Beispiel ist das Stromnetz in Deutschland von Norden nach Süden, das den im Norden von Windparks erzeugten Strom nach Süddeutschland bringen soll, wo viele große, energieintensive Unternehmen angesiedelt sind. Auch Innovation muss finanziert werden, damit die Energiewende gelingt, von der Stromspeicherung in Form von Batterien bis hin zum Wasserstoff und innovativen Smart-Grid-Projekten, die Angebot und Nachfrage besser ausgleichen. Für Privatanleger, die sich eine attraktive Rendite in einer Anlageklasse sichern wollen, mit der sie nur begrenzt vertraut sind, ist es durchaus sinnvoll, vorsichtig und selektiv vorzugehen. Nicht zuletzt auch mit Blick darauf, wem man sein hart verdientes Geld anvertraut.

Die Regeln wurden seitdem geändert, um diese spezifischen Probleme für Immobilien zu verhindern. Trotzdem bleibt abzuwarten, wie gut sie sich im Infrastrukturbereich bewähren. Höchstwahrscheinlich wird es hier zu einem längeren Lernprozess kommen, sowohl für Assetmanager und Investoren als auch für die Regulatoren. Zudem dürften einige Probleme und Risiken erst rückblickend zu erkennen sein.

 Die Reaktionen politischer und aufsichtsrechtlicher Entscheidungsträger sind oft schwer vorherzusagen. Um nur einige aktuelle Beispiele herauszugreifen: Die im letzten Sommer drohende Gefahr für viele europäische Haushalte, vor einem kalten und teuren Winter zu stehen, rückte die Sorge um die Bezahlbarkeit von Energierechnungen in den Fokus vieler Regulatoren und Politiker. Erstere können häufig den Spielraum eines regulierten Guts, im Rahmen der bestehenden Vorschriften auf sich ändernde wirtschaftliche Bedingungen zu reagieren, einschränken. Letztere sind häufig versucht, sich in bestehende wirtschaftliche Vereinbarungen einzumischen, zum Beispiel in Krisenzeiten erzielte Übergewinne zu besteuern. All dies kann sich darauf auswirken, wie schnell Infrastrukturanlagen ihre Erlöse so anpassen können, dass sie den residualen Mittelfluss erhöhen oder zumindest aufrechterhalten. Für einige Infrastrukturanlagen stellen höhere Kapitalkosten und Materialinputs ebenfalls Gewinnrisiken dar. Und natürlich sind bei steigenden Zinsen, die wohl höher bleiben dürften als in den letzten Jahren, die Auswirkungen auf Diskontsätze und Infrastrukturbewertungen in allen Bereichen dieser Anlageklasse zu spüren.

Wenn Risiken richtig eingeschätzt und behandelt werden, können die Erträge eines breit gestreuten Portfolios aus Infrastrukturanlagen einen vergleichsweise sicheren und zuverlässigen Renditefluss bieten, während damit gleichzeitig ein Beitrag zum Wohlergehen der Gesellschaft geleistet wird. Für neue Privatanlegerprodukte sollte es in den kommenden Jahren wahrlich reichlich Auswahl geben. In Deutschland und auch in anderen Ländern soll nach den Plänen der Regierung bis zum Jahr 2030 viel neuer, grüner Strom erzeugt werden. Damit verbundene Projekte, wie der Ausbau der Stromnetze, müssen ebenfalls finanziert werden. Ein praktisches Beispiel ist das Stromnetz in Deutschland von Norden nach Süden, das den im Norden von Windparks erzeugten Strom nach Süddeutschland bringen soll, wo viele große, energieintensive Unternehmen angesiedelt sind. Auch Innovation muss finanziert werden, damit die Energiewende gelingt, von der Stromspeicherung in Form von Batterien bis hin zum Wasserstoff und innovativen Smart-Grid-Projekten, die Angebot und Nachfrage besser ausgleichen. Für Privatanleger, die sich eine attraktive Rendite in einer Anlageklasse sichern wollen, mit der sie nur begrenzt vertraut sind, ist es durchaus sinnvoll, vorsichtig und selektiv vorzugehen. Nicht zuletzt auch mit Blick darauf, wem man sein hart verdientes Geld anvertraut.

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1. Mehr als nur Inflationsschutz (dws.com)

2. S. besonders: Mehr Energie aus erneuerbaren Quellen | Bundesregierung

3. Germany is at last tackling its long-standing economic weaknesses | The Economist

4. https://www.dws.com/en-gb/insights/global-research-institute/a-framework-for-european-transformation/

5. Deutscher Bundestag - Bundestag beschließt Stärkung des Fondsstandorts Deutschland

6. Aufschlussreiche Beispiele zu privat finanzierten Infrastrukturbooms in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Nordamerika, die sich als Fehlschläge erwiesen, in Surowiecki, J. (2004), The Wisdom Of Crowds: Why the Many are Smarter than the Few and How Collective Wisdom Shapes Business, Economics, Society and Nations, Little, Brown, besonders S. 50-68.

7. Immobilienfonds als Milliardengräber (faz.net)

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