- Finanzmärkte rund um den Globus erlebten heftigte Kursschwankungen gegen Ende der Woche
- Hauptauslöser dürfte das Zusammentreffen von perfekt gepreisten Märkten mit schwachen neuen Konjunkturdaten sein
- Wir erwarten weitere Schwankungen, jedoch keinen ausgewachsenen Bärenmarkt
Ein Bruch in den sonst perfekten Märkten
Den Zeitpunkt einer Marktkorrektur richtig zu antizipieren ist schwierig, dennoch würden wir behaupten, dass die aktuellen Turbulenzen nicht ganz unerwartet kommen. Die Märkte waren einfach ein bisschen zu stark auf Perfektion gepreist.
Der globale Industriezyklus scheint wieder an Schwung zu verlieren. Harte Daten aus Europa, wie etwa Industrieproduktion oder Auftragseingänge, sind schon seit einiger Zeit schwach. In jüngster Zeit haben sich jedoch auch sogenannte weiche Indikatoren, welche die Stimmung im Unternehmenssektor abbilden, nach einer Phase der Stabilisierung wieder abgeschwächt, wie zum Beispiel der deutsche IFO-Index oder die Einkaufsmanagerindices für das verarbeitende Gewerbe. Während die Märkte schon seit geraumer Zeit das Narrativ vom "schwachen China" eingepreist haben, hat der jüngste 2-Punkte-Rückgang des Caixin-PMI für das verarbeitende Gewerbe in China diese Sorgen noch verstärkt. Der am Donnerstag veröffentlichte US ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe bestätigte das Bild, wobei vor allem die Komponenten Beschäftigung und Aufträge ein recht schwaches Bild zeichneten. Der wiederum starke Arbeitsmarkt war der entscheidende Faktor, welcher die US-Wirtschaft vor einer Rezession bewahrt hat. Während das Beschäftigungswachstum weiterhin positiv ist, war der US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag ein weiteres Zeichen für die Schwäche in den Vereinigten Staaten.[1]
Unter den großen Volkswirtschaften ist Deutschland mit seinem hohen Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP von 19 Prozent besonders von der Schwäche des Industriezyklus betroffen, während Japan unter den G7-Ländern an zweiter Stelle steht. Technologiesektor-lastige Länder wie Taiwan und Südkorea sehen hingegen aus unserer Sicht immer noch robust aus.
Bislang wurden die Aktienmärkte von zwei Seiten gestützt:
Zum einen haben die Erwartungen in Bezug auf die Investitionsausgaben in den Bereichen Technologie und Künstliche Intelligenz die Sorgen über die Schwäche im Industriebereich kompensiert. Zum anderen hat der Markt die schwächeren Wirtschaftsdaten ignoriert und sich auf die positive Interpretation konzentriert, dass eine schwächere Wirtschaft die Inflation dämpfen und den Weg für Zinssenkungen frei machen würde. Zwar tun sich die gemeldeten offiziellen Inflationsraten noch schwer auf dem Weg zur 2-Prozent-Marke, doch gibt es zahlreiche Anzeichen dafür, dass der unterliegende Inflationsdruck nachlässt. Daher dürfte die erste Zinssenkung der Fed nur noch eine Frage von Wochen sein.
Aus Sicht der Märkte bleibt es jedoch ein schmaler Grat zwischen Wirtschaftsindikatoren, die schwach genug sind, um Zinssenkungen zu rechtfertigen, aber gleichzeitig nicht zu stark einbrechen, um auf eine Rezession hinzudeuten. Der Unterschied zwischen den beiden Perspektiven besteht darin, ob der Markt schlechte (wirtschaftliche) Nachrichten als gute Nachrichten oder als schlechte Nachrichten auffasst. Nach einer monatelangen „schlechte-Nachrichten-sind-gute-Nachrichten“-Interpretation begannen nun schlechte Nachrichten den Markt zu beunruhigen, trotz der Aussicht auf bevorstehende Zinssenkungen. Es mehren sich die Stimmen, die befürchten, dass besonders die amerikanische Zentralbank Fed „hinter die Kurve“ fallen könnte. Wie Thomas Schüssler, Co-Head Global Equities bei der DWS, es ausdrückt: "Je schneller die Fed die Zinsen senken muss, desto gefährlicher wird es für den Aktienmarkt."
Zusätzlich müssen wir leider feststellen, dass die geopolitischen Spannungen zunehmen, insbesondere im Hinblick auf die Lage im Nahen Osten. Auch die Saisonalität spielt eine Rolle. Bis Mitte Juli entsprach die Entwicklung des S&P 500 im Jahr 2024 fast genau der des Jahres 2023 (mit Ausnahme der Turbulenzen bei der Silicon Valley Bank im Frühjahr 2023). Genau wie es schon 2023 der Fall war, scheint die Luft jetzt dünner zu werden.
Auswirkungen auf die Anlageklassen
An den Staatsanleihemärkten haben die Turbulenzen dazu beigetragen, dass die Renditen gesunken sind und Zinskurven sich dis-invertieren beziehungsweise steiler werden. Wir erwarten, dass die Aussicht auf Zinssenkungen der Zentralbanken die Anleihemärkte weiterhin stützen wird.
Bei den Aktien sehen wir eine „weitgehend gerechtfertigte Korrektur“, wie David Bianco, DWS CIO Americas, es ausdrückt. Die Gewinnsaison war zwar gut genug, aber es gab deutliche Warnungen vor einer Abschwächung auf der Verbraucherseite. Es würde uns nicht überraschen, wenn die Märkte in den kommenden Wochen noch volatil blieben, wir erwarten jedoch keinen ausgewachsenen Bärenmarkt.
Der Ausverkauf an den japanischen Aktienmärkten war besonders heftig, und die japanischen Indizes sind nach dem Rückgang vom Freitag bereits in den Korrekturbereich eingetreten. Neben all den zuvor genannten Faktoren spielte auch die Stärke des Yen nach der Zinserhöhung in Japan vom Mittwoch eine Rolle. Dennoch ist Ivy Ng, DWS CIO APAC, überzeugt: "Die mittelfristigen Fundamentaldaten haben sich nicht geändert. Wenn der Yen nicht deutlich stärker wird, sollte sich der Markt wieder stabilisieren.“