- Eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte mit der Aussicht auf weitere Erhöhungen und keine Zinssenkungen in diesem Jahr, so lautete die Botschaft der Fed.
- Außerdem bestehe keine Notwendigkeit für weitere Rettungspakete für den US-Bankensektor. Das Finanzministerium stimmte dem zu.
- Die Märkte begrüßen diese Aussagen nicht und befürchten weitere Probleme im Bankensektor und eine höhere Rezessionswahrscheinlichkeit. Wir sind etwas zuversichtlicher.
Zwei Wochen in schwierigen Märkten
So könnte eine Zwischenbilanz nach zwei Wochen Marktturbulenzen, die von Banken-Schieflagen ausgelöst wurden, aussehen: 1. Während die US-Notenbank (Fed) sich eng an das Drehbuch hielt, das sich vergangene Woche bei der Europäischen Zentralbank (EZB) schon bewährte, reagierte der Markt auf die EZB freundlicher als auf die Fed. 2. Die Probleme im europäischen Bankensektor scheinen ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht zu haben, da die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zumindest aus Sicht der Märkte als Erfolg gewertet wird[1]. In den USA scheinen die Probleme der (regionalen) Banken (schrumpfende Einlagen, die billigste Form der Finanzierung) jedoch alles andere als gelöst. Die Hälfte der Banken aus dem KBW-Bankenindex hat in diesem Monat mehr als 25 Prozent Marktkapitalisierung eingebüßt.
Während die Zinserhöhung der Fed um 25 Basispunkte (bps) von den meisten erwartet wurde, waren es unserer Meinung nach andere Faktoren, die die Märkte gestern verunsicherten: 1. Die Weigerung von Finanzministerin Janet Yellen, den US-Banken eine pauschale Einlagensicherung zu gewähren. 2. Die Weigerung des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell, sich im Voraus auf Maßnahmen festzulegen, die regionale Banken entlasten würden, während er zugleich die Notwendigkeit betonte, die Inflationsbekämpfung im Fokus zu behalten. 3. Die Erkenntnis, dass eine Zinssenkung der Fed in weiter Ferne liegen könnte, während die wirtschaftliche Abkühlung schneller und heftiger eintreten könnte als gedacht. So zumindest die Meinung der US-Märkte bei Handelsschluss: Der S&P 500 fiel um 1,65 Prozent und die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen sanken um 18 Basispunkte.
Wir bleiben bei unseren 12-Monatsprognosen, da wir aus der Vergangenheit wissen (und wussten, als wir diese Prognosen erstellten), dass starke Zinserhöhungszyklen zu existenziellen Schieflagen bei einzelnen Teilnehmern des Finanzsystems führen können. Unsere Wachstumsprognose für das 2023er US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Höhe von 0,7 Prozent könnte jedoch angesichts der strukturellen Probleme der regionalen Banken in den USA und ihrer Bedeutung für die Finanzierung der lokalen Wirtschaft, des Immobiliensektors und der Haushalte ein gewisses Abwärtsrisiko bergen.
Die Fed wird im Mai eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte und möglicherweise eine weitere im Juni vornehmen
Fed-Sitzung: Wünsche der Märkte werden nicht erfüllt
Wie erwartet, hat die Fed trotz der anhaltenden Unsicherheiten im Hinblick auf die Finanzstabilität die Zinssätze um weitere 25 Basispunkte erhöht. Dennoch deutete sie an, dass der Zinserhöhungszyklus in absehbarer Zeit zu Ende gehen könnte, und erklärte, dass anstelle von "kontinuierlichen Erhöhungen" eine "gewisse zusätzliche Straffung der Geldpolitik" angebracht sei. Die Fed-Mitglieder erhöhten nicht die Erwartungen für den Leitzins Ende 2023 und deuteten an, dass sie die Zinssätze noch länger hoch belassen wollen. Trotz der niedrigeren Wachstumserwartungen für das laufende Jahr schätzten die Mitglieder das Inflationsrisiko nach wie vor als eher hoch ein. Eine Erklärung dafür könnte die hohe Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarktes sein. Für 2025 scheinen die Zentralbänker jedoch zuversichtlich zu sein, die Inflation in den Griff bekommen zu haben.
In der Pressekonferenz betonte Powell ausdrücklich die Wirksamkeit der jüngsten Maßnahmen zur Unterstützung angeschlagener Banken. Genau wie die EZB unterschied er zwischen makroprudenziellen Maßnahmen und Zinssätzen. Außerdem stellte er klar, dass sich "eine gewisse zusätzliche Straffung der Politik" auf die geldpolitischen Instrumente beziehe und nicht auf externe Faktoren wie eine Eskalation der Finanzkrise. Dennoch räumte er ein, dass die Straffung der Kreditvergabe "in gewisser Weise eine Zinserhöhung ersetzt".
Insgesamt scheint die Fed froh darüber zu sein, dass sich die finanziellen Bedingungen endlich in ihrem Sinne entwickeln – also restriktiver werden. In welchem Umfang, bleibt abzuwarten. Trotz dieser Ungewissheit kann man unserer Meinung nach davon ausgehen, dass die Inflation der wichtigste Faktor in der Reaktionsfunktion der Fed bleibt. Da Powell erklärte, dass weitere Zinserhöhungen sehr datenabhängig sein werden, dürften auch die Marktteilnehmer die Inflation und die Entwicklung der Kreditstandards für ihre eigenen Zinserwartungen sehr genau beobachten. Wir glauben, dass die Fed im Mai eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte und vielleicht sogar noch eine zusätzliche im Juni vornehmen wird. Die Märkte rechnen jedoch bereits mit drei Zinssenkungen vor Ende dieses Jahres. Wir überlassen daher Powell das letzte Wort: "Zinssenkungen gehören nicht zu unserem Basisszenario."
Märkte weder panisch noch euphorisch
Die US-Märkte waren zwar nicht gerade begeistert von dem, was ihnen gestern aufgetischt wurde, aber von Panik kann man auch nicht reden. Die meisten Aktienindizes liegen im bisherigen Jahresverlauf immer noch im Plus, und die Aktienmarktvolatilität (Vix) ist in den letzten beiden Tagen zurückgegangen. Doch während der S&P 500 in diesem Monat bisher nur 1,4 Prozent verloren hat, hat es unter der Oberfläche ordentlich gebrodelt. Die Finanzwerte haben in diesem Monat 12 Prozent verloren, gefolgt von den Immobilienaktien (-9 Prozent), während die Technologiewerte im Schnitt[2] um 6 Prozent gestiegen sind. Da die Finanzwerte nur noch 10 Prozent der Marktkapitalisierung des S&P 500 ausmachen, während es vor zwanzig Jahren noch 20 Prozent waren, haben die Technologiewerte den Monat gerettet. In Europa sind Immobilien die größten Verlierer des Monats (-14 Prozent), gefolgt von Banken (-13 Prozent), während Technologieaktien nur um 1 Prozent zulegten. Gold liegt nur leicht unter seinem Monatshoch, während Brent-Öl, das zu 76 Dollar je Barrel gehandelt wird (ein Rückgang von 8 Dollar je Barrel für den Monat) ebenfalls eine gewisse Skepsis bezüglich des globalen BIP-Wachstums erkennen lässt.
Auswirkungen auf die Anlageklassen
Wir bleiben bei unserem Wirtschaftserwartungen, wonach sich das BIP-Wachstum in Europa verlangsamen und in den USA ins Negative drehen könnte, bevor in der zweiten Jahreshälfte eine leichte Erholung einsetzt. Wir halten auch an unserer konstruktiven Einschätzung für die meisten Anlageklassen auf 12-Monatssicht fest. Wir sind uns der Gefahren für unser Kernszenario bewusst, da noch nicht absehbar ist, welche negative Dynamik der US-Bankensektor noch entwickeln könnte – von den altbekannten Risiken wie etwa Ukraine und Taiwan mal abgesehen.
Anleihen und Währungen:
Nachdem die EZB und die Fed unsere Erwartungen erfüllt haben, sehen wir weiter Aufwärtspotenzial bei Staatsanleiherenditen. Mehr am längeren als am kürzeren Ende, was zu einer steileren Renditekurve führen würde. Wir sind für europäische Unternehmensanleihen mit Investment Grade Status (IG) positiver gestimmt, nachdem die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS die unmittelbaren Anlegersorgen abfedern konnte. Hochzinsanleihen (HY) könnten jedoch noch eine Weile volatil bleiben, da die Anleger mit wachsenden Rezessionsängsten ihre Erwartungen der (Kredit-) Ausfallraten anheben könnten. Auf Basis der Gesamtrendite halten wir diese Anlageklasse auf längere Sicht immer noch für attraktiv.
Zur Überraschung einiger hat der Dollar nicht von den jüngsten Marktturbulenzen profitiert, während der japanische Yen sich in diesem Umfeld als bevorzugte Fluchtwährung der Anleger erwiesen hat. Wir gehen nicht davon aus, dass sich dieses Muster ändern wird, auch wenn es sich etwas abschwächen könnte.
Aktien:
Zunehmende Rezessionsängste und steigende Kapitalkosten belasten Aktien, ebenso wie die Sorgen, dass sich die historisch hohen Gewinnmargen (vor allem in den USA) nicht halten lassen werden sowie der Umstand, dass Anleihen als attraktive Anlagealternative zur Verfügung stehen. Wir halten an unseren Hauptaussagen vom letzten CIO-Tag[3] Anfang März fest. Unsere Indexziele bieten in den nächsten zwölf Monaten eine durchschnittliche Gesamtrendite von etwa sieben Prozent, wobei wir von einer weiterhin hohen Volatilität ausgehen. Wir bleiben bei unserer Präferenz für 1) Europa, insbesondere für Nebenwerte, 2) Schwellenländer und 3) den Kommunikationsdienstleistungssektor.
Aus kurzfristiger Sicht meiden wir weiter unterkapitalisierte Unternehmen. Bei den Finanzwerten glauben wir, dass der europäische Sektor sich weiter besser als der globale Sektor entwickeln wird, insbesondere besser als der US-amerikanische. Dort werden die kleinen Banken unserer Meinung nach weiterhin unter großem Rentabilitätsdruck stehen. Wohin sich die mittleren Kosten für Fremd- und Eigenkapital insbesondere der US-Banken entwickeln werden, ist derzeit sehr ungewiss. Weniger ungewiss dürfte sein, dass die größten US-Banken in der Lage sein werden, ihren Marktanteil auszubauen.
Alternative Anlagen:
Kleine Banken sind wichtige Akteure in der Immobilienfinanzierung und -entwicklung. Sollten die jüngsten Ereignisse zu einem Rückgang der Kreditvergabe in diesem Bereich führen, könnte dies zu einem geringeren Angebot und damit zu höheren Immobilienbewertungen führen. Sollte andererseits die wirtschaftliche Abkühlung dafür sorgen, Firmen aus dem Markt zu drängen, könnte sich das Angebot an Gewerbeimmobilien vergrößern.
Angesichts der geringeren BIP-Wachstumserwartungen der Märkte erwarten wir, dass Öl unter Druck bleiben wird. Die Produktion hat bisher kaum auf den gesunkenen Ölpreis reagiert, so dass wir davon ausgehen, dass sich die Märkte für weitere Impulse auf die Reaktion der OPEC+R konzentrieren werden.
Industriemetalle gaben angesichts der sinkenden Wachstumserwartungen nach. Unterdessen sind Edelmetalle, insbesondere Gold, in den letzten zwei Wochen als Reaktion auf die höheren Sorgen um die Finanzstabilität gestiegen. Wir rechnen mit weiterer Volatilität.