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- Schon wieder Chaos in Washington
„McCarthy wird als Sprecher verdrängt und hinterlässt das Repräsentantenhaus im Chaos“[1] So die Schlagzeilen am Mittwochmorgen nach dem jüngsten politischen Drama in den USA. Da könnte man davon ausgehen, dass der Dollar einen Schlag erleiden wird. Eher dürfte das Gegenteil der Fall sein, wieder einmal.
Rekapitulieren wir: Zu Beginn des Jahres zog sich der hitzige Kampf um die Schuldenobergrenze über Monate hin. Als schließlich eine Lösung gefunden wurde, musste das Finanzministerium das Volumen der aufgestauten Anleiheemissionen am Markt erhöhen. Die Renditen von Staatsanleihen begannen stark zu steigen. Die Kämpfe auf dem Capitol Hill erinnerten die Finanzmarktteilnehmer auch an den riesigen Berg an öffentlichen Schulden, der so etwa 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht.[2]Diese Schulden müssen refinanziert werden. Höhere langfristige Zinssätze spiegeln zum Teil die Notwendigkeit wider, ausländisches Kapital anzuziehen. Im Gegenzug treiben höhere Renditen von Staatsanleihen den Dollar in die Höhe. Gegenüber dem Euro beispielsweise hat die U.S.-Währung stetig an Boden gewonnen und nähert sich der Parität, wie zuletzt Ende 2022. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Schwäche des Euro. Wie unser „Chart of the Week“ zeigt, gilt ein ähnliches Muster für den Greenback gegenüber einem handelsgewichteten Währungskorb.
Zuletzt waren 10 Jahresrenditen auf U.S. Treasuries Hauptreiber für den Dollar
Quellen: Bloomberg Finance L.P., DWS Investment GmbH as of 10/04/23; Stand: 04.10.2023
Aktuell sind es vor allem die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen, die den Dollarkurs bestimmen. Solche Muster treten in der Regel in Phasen auf. Vor nicht allzu langer Zeit waren es die kurzfristigen Zinssätze, die das Sagen hatten. Tatsächlich deuten die wachsenden Markterwartungen, dass das Interesse in den USA wahrscheinlich noch eine ganze Weile hoch bleiben wird, darauf hin, dass der Dollar noch stärker werden könnte, egal, was in Washington passiert. Vor allem, wenn sich das Wachstum andernorts weiter abschwächt.
Was den Sprecher des Repräsentantenhauses betrifft, so ist die Kammer gelähmt, bis ein neuer gewählt ist. Immerhin erst jetzt, nachdem die Budgetfinanzierung letztes Wochenende bis Mitte November verlängert wurde. Weitere „Shutdown“-Kämpfe gegen Jahresende bleiben durchaus möglich. Doch angesichts der bevorstehenden Wahlen im nächsten Jahr wird den Republikanern langsam die Zeit knapp, ihre Ausgabenprioritäten voranzutreiben. Ganz zu schweigen von anderen Themen, die einigen Mitgliedern am Herzen liegen, wie etwa diverse Untersuchungen der Biden-Administration. Wir gehen davon aus, dass nach langem Ringen, aber rechtzeitig zum November, ein neuer Sprecher hervortreten wird.
Und so bleibt es wohl dabei: Die Position des Greenbacks im internationalen Handel und Finanzwesen ist nach wie vor fest verankert, auch wenn die ewigen Diskussionen über die Entdollarisierung erneut auftauchen.[3] Und natürlich muss der Kongress angesichts der langfristigen haushaltspolitischen Aussichten der USA letztendlich Maßnahmen zur Reform der Sozialleistungen, der Steuern, der diskretionären Ausgaben oder wahrscheinlich zu allen dreien ergreifen. Das dürfte jedoch zumindest bis nach der nächsten Wahl auf sich warten lassen. „Inzwischen führen die hohen Zinsen in den USA zu einem stärkeren Dollar, was wiederum zu einem Kapitalabfluss aus anderen Ländern führt. Wenn die Fed mit ihrer Aussage „höher und länger“ recht hat, könnten die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft nachhaltig und tiefgreifend sein“, argumentiert Dr. Xueming Song, Währungsstratege bei der DWS.